Porsche steht für Intelligent Performance – und diesen Markenkern dekliniert die Sportwagenschmiede aus Zuffenhausen detailverliebt bis zur haptischen Werbung herunter. Robert Ader, Leiter Marketing Kommunikation bei Porsche, über die Porsche-DNA, Dialoganlässe wie den Geburtstag eines Fahrzeugs und abgefahrene Werbeträger aus Originalbauteilen.

TRIK Metal Car Panamera nm - „Die haptische Kommunikation ist eine angenehme Pflicht“

Herr Ader, Porsche wurde bereits mehrfach zur beliebtesten Marke gekürt und zuletzt 2016 mit einem „best brands“-Award als beste europäische Marke ausgezeichnet. Worauf führen Sie die hohe Markenattraktivität zurück?

Robert Ader: Ein Grund für die Popularität ist mit Sicherheit der klare Markenkern: Porsche steht für die Entwicklung sportlicher Autos, für Intelligent Performance. Bislang ist es uns immer wieder erfolgreich gelungen, dieses Versprechen auch auf neue Modelle zu übertragen. Zudem achten wir auf eine kontinuierliche und sehr konsistente Markenführung. Ob Porsche in China, in den USA oder in Europa auftritt, wir arbeiten immer mit global einheitlichen Kampagnen.

Gleichzeitig steckt die Automobilindustrie im Umbruch. Welchen Themen müssen Sie sich als Sportwagenbauer stellen, um zukunftsfähig zu bleiben?

Robert Ader: Es gibt viele Herausforderungen, mit denen wir uns gegenwärtig beschäftigen. Wenn ich für Porsche eine herausgreifen sollte, dann wäre das die Aufgabe, die Porsche-Gene in die Welt der Elektromobilität zu übertragen – vom Design über die Fahreigenschaften bis hin zur emotionalen Aufladung und der Frage, wie wir beim Elektromotor mit dem Sound umgehen wollen. Da wir davon ausgehen, dass Sportwagen mit Verbrennungsmotor, Plug-in-Hybride und rein elektrische Fahrzeuge in den nächsten Jahren eine Koexistenz führen werden, steht auch die Markenführung vor besonderen Herausforderungen: Wir müssen die verschiedenen Antriebe in einer starken Marke zusammenfassen und glaubwürdig kommunizieren.

Nicht nur die Anforderungen an das Automobil, auch das Kommunikationsverhalten wandelt sich. Wo machen Sie im Marketing die stärksten Veränderungen aus?

Robert Ader: Die Kundensegmente werden immer fragmentierter. Den einen Kunden gab es natürlich auch vor 20, 30 Jahren nicht, doch es gab größere Cluster. Heute haben wir es mit vielen kleinen Kundenclustern zu tun, die über immer mehr Marketingkanäle erreichbar sind. Dabei kann man guten Gewissens kaum auf einen Kanal verzichten. Im Controlling kommt zwar regelmäßig die Frage auf, ob der klassische Katalog im digitalen Zeitalter überhaupt noch gebraucht wird. Doch die Ergebnisse unserer Marktforschung geben dazu eine klare Antwort: In den meisten Regionen der Welt genießt ein gutes Printprodukt eine sehr hohe Wertschätzung. Es ist also keine Option, den Katalog wegzulassen. Gleichzeitig ist aber auch die digitale und mobile Kommunikation Pflicht. Um das alles zu bewerkstelligen, müssen wir im Marketing sehr effizient arbeiten und v.a. Synergieeffekte zwischen den Organisationseinheiten nutzen.

Auf welche Marketingkanäle setzen Sie schwerpunktmäßig?

Robert Ader: Ein verhältnismäßig großer Teil des Marketingbudgets fließt in die Erstellung haptischer Werbemittel, zu denen wir auch Druckerzeugnisse zählen. Darüber hinaus setzen wir sehr stark auf digitale Kanäle und die direkte Kundenansprache, auf Messen, Events und Fahrveranstaltungen. Bei klassischen Above-the-Line-Maßnahmen hätten wir – mit Ausnahme sehr zielgerichteter Printwerbung – als spitze Marke mit einer spitzen Zielgruppe zu hohe Streuverluste.

Wie gelingt es Ihnen, die Aufmerksamkeit dieser spitzen Zielgruppe zu wecken?

Robert Ader: Wir setzen bei der Kommunikation auf Kreativität und Innovation. Schöne Beispiele hierfür sind etwa Printanzeigen wie „Sie können länger frühstücken. Sie sind früher zum Abendessen zurück. Gibt es ein besseres Familienauto?“ oder die 911er Hologramm-Anzeige, die mit wenigen Handgriffen und einem Tablet das Modell dreidimensional erlebbar macht.

Der weltweite Launch der neuen Porsche Panamera-Modelle Ende 2016 stand unter dem Motto „Mut verändert alles“. Über alle Kanäle hinweg erzählt die Kampagne die Geschichte von Menschen, die etwas verändert haben. Warum wurde dieser Ansatz gewählt?

Robert Ader: Da sich mit dem neuen Panamera eine neue Welt der Konnektivität eröffnet, haben wir das Auto ganz bewusst im Umfeld couragierter Start-ups positioniert – als modernes Fahrzeug für mutige Unternehmer. Es ist jedoch ein komplexer Prozess, bis eine global funktionierende Kampagne steht, denn es müssen natürlich viele länderspezifische Besonderheiten berücksichtigt werden. So ist z.B. die Elektromobilität in den USA sehr viel stärker verbreitet als in Europa, wo immer noch ein großes Informationsbedürfnis besteht. Und in China ist es v.a. entscheidend, die neueste Technologie zu präsentieren.

Im Zusammenhang mit dem Launch wurden fünf verschiedene Coffee Table Books an potenzielle Interessenten verschickt. Ist die haptische Kommunikation für Porsche Pflicht?

Robert Ader: Eine angenehme Pflicht. Die großformatigen Bücher wurden sehr hochwertig produziert und zahlen auf das Thema Storytelling ein, indem sie den Sportwagen in den Lebenswelten unserer Zielgruppen präsentieren. Damit fungieren die Coffee Table Books als gute Ergänzung zu unserem Katalog. Sehr interessant waren die Reaktionen darauf: Vielen Kunden hat diese neue Herangehensweise an das Produkt gut gefallen. Doch einige haben auch deutlich erklärt, dass sie sich nur für Facts & Figures interessieren. Hier müssen wir also in Zukunft noch genauer herausfinden, wie wir den jeweiligen Informationswünschen der Kunden am besten begegnen.

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„Mut verändert alles“: Die weltweite Launch-Kampagne für die neuen Porsche Panamera-Modelle erzählt von mutigen Entscheidungen und außergewöhnlichen Persönlichkeiten, darunter Hollywood-Star Patrick Dempsey und Design-Legende Hartmut Esslinger. Ein Bestandteil des Storytellings: fünf Coffee Table Books, die unterschiedliche Kundengruppen adressieren.

In welchen Bereichen setzen Sie haptische Werbung bevorzugt ein?

Robert Ader: Wir haben ein sehr umfangreiches Kundenbindungsprogramm, und innerhalb dieses Programms spielen Mailings mit Mailingverstärkern eine ganz entscheidende Rolle. Der Anlass kann wie beim Panamera eine Markteinführung sein oder auch der erste Geburtstag des Fahrzeugs. Ein zweiter Einsatzbereich ist der Point of Sale – unsere Porsche-Zentren –, aber auch Events und Messen.

Mit welchen Artikeln kann eine Marke wie Porsche bei ihrer Zielgruppe landen?

Robert Ader: Um z.B. die Wartephase bis zur Auslieferung eines Sportwagens zu überbrücken, verschicken wir einen Bausatz des Porsche 356. Das ist der Urvater aller Porsche-Sportwagen, das erste Modell, das in Serie ging und den großen Vorteil hat, dass es für Käufer aller Baureihen funktioniert. Hat man es erst einmal zusammengebaut, wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit irgendwo im Büro oder auch zu Hause dauerhaft aufgestellt werden. Auf Messen gehören Ansteckpins zu den Klassikern. Es gibt eine nicht gerade kleine Zielgruppe, die diese Produkte sehr wertschätzt. Aber auch gebrandete Taschen, Poster und digitale Giveaways wie die exklusive 3D-Visualisierung des neuen Cayenne kommen hier zum Einsatz.

Welche Kriterien müssen haptische Werbeträger generell erfüllen, die für Porsche an den Start gehen?

Robert Ader: Mit einem Porsche verbinden unsere Kunden sehr hohe Qualität, Design und Sportlichkeit. Und diese Erwartungen gelten ebenso für die Werbung – auch wenn wir uns hier selbstverständlich in einem völlig anderen Preisrahmen bewegen. Aus diesem Grund haben wir nur sehr wenige Standardartikel im Repertoire. Die meisten unserer haptischen Werbeträger leiten sich entweder in irgendeiner Form aus unseren Produkten ab oder sie bieten einen klaren Mehrwert für den Kunden. Darüber hinaus ist es für eine Premiummarke wichtig, nicht übermäßig aggressiv in Erscheinung zu treten. Wenn wir z.B. als Sponsor von „Ballett im Park“ Regencapes oder Picknickdecken verteilen, dann sind diese bewusst nur sehr dezent gebrandet.

Sonderanfertigungen, die für die Marke maßgeschneidert werden, sind die Königsdisziplin der haptischen Werbung. Welche Rolle spielen solche Produkte für eine Premiummarke?

Robert Ader: Wir haben es mit einer sehr anspruchsvollen Zielgruppe zu tun. Um Begehrlichkeiten zu wecken, müssen wir deshalb tatsächlich immer wieder etwas Besonderes entwickeln. Ein solches Produkt ist z.B. der 911 Targa-Flaschenöffner, der anlässlich der Einführung des neuen Modells zum Einsatz kam. Das Produkt wurde anhand technischer Zeichnungen in Originalform nachgebaut und greift in seinem Design den stilprägenden Aluminiumbügel des Sportwagens auf. Ein vergleichbares Beispiel ist auch der Porsche Cayenne-Stifteköcher, der aus dem originalen Material der Abgasrohre hergestellt wurde.

Lässt sich auch der Markenkern Intelligent Performance haptisch vermitteln?

Robert Ader: Auch dazu haben wir schon einige schöne Produkte umgesetzt. Technisch recht anspruchsvoll war ein haptischer Werbeträger, den wir für die neuen Porsche 718-Modelle entwickelt haben. Die besondere Mechanik, die das Modellauto immer ganz oben auf der beweglichen Weltkugel hält, wurde eigens für uns entwickelt und unterstreicht eindrucksvoll die perfekte Gewichtsverteilung und Balance, die durch den Mittelmotor entsteht. Ebenso plastisch haben wir die variable Turbinengeometrie, eine Technik, die eigentlich im Motor versteckt ist, anhand eines sehr detailgetreuen Modells dargestellt. Dabei konnten die Kunden die sogenannten Leitschaufeln über ein Rädchen selbst verstellen und die Mechanik darüber buchstäblich begreifen.

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Inhaltsgetrieben und nah am Produkt: Mit Sonderanfertigungen wie für die neuen 718-Modelle oder die variable Turbinengeometrie setzt Porsche seinen Markenkern „Intelligent Performance“ gekonnt in Szene.

Mit der Porsche Driver’s Selection und v.a. den sogenannten Masterpieces wird das Rad der Sonderanfertigungen noch einmal weitergedreht …

Robert Ader: Mit diesen klassischen Accessoires, die sowohl onals auch offline verkauft werden, möchten wir Porsche auch in anderen Lebensbereichen für Kunden und Fans erlebbar machen. Die Ableitung aus Originalprodukten spielt hier ebenfalls eine große Rolle. Zu unseren Masterpieces gehören z.B. ein Soundsystem aus Endschalldämpfer und Endrohrblende des 911 GT3 sowie ein 911er-Sportsitz als Bürostuhl. Daneben bieten wir auch Kinderspielzeug, Gepäck, Bekleidung oder Modellautos an.

Porsche setzt bereits stark auf das Potenzial haptischer Werbung. Lässt sich die Wirkkraft dieses Tools noch steigern?

Robert Ader: In der Zusammenarbeit mit digitalen Partnern versuchen wir, unsere Kunden noch besser kennenzulernen. Wir möchten z.B. herausfinden, wer für hochwertige haptische Werbeträger besonders empfänglich ist. Das Ziel: Die Ansprache soll so individuell wie möglich auf die Ausgangslage, den Informationsstand, die Vorlieben und Lebenswelten unserer Kunden abgestimmt werden. Mit den verschiedenen Editionen des Coffee Table Books, die auf die jeweiligen Lebenswelten bestimmter Kundengruppen abgestimmt sind, haben wir bereits einen Schritt in diese Richtung getan. Analog dazu ließen sich in Zukunft auch andere Werbeträger noch zielgruppenspezifischer gestalten.

// Mit Robert Ader sprach Andrea Bothe.

Bildquelle: Porsche AG 

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