Christoph Schnug, Produkt- und Grafi kdesigner, ist Inhaber des Studio C in Mailand. Gemeinsam mit seinem Team arbeitet er für internationale Kunden und war u.a. bis 2009 zwölf Jahre lang für den Schweizer Schreibgerätehersteller Prodir tätig. Für seine Entwürfe im Bereich Kommunikations- und Produktdesign hat Christoph Schnug zahlreiche internationale Preise erhalten.

christophschnug - Gutes Design quatscht nicht

 

Herr Schnug, was macht gutes Design für Sie aus?

Christoph Schnug: Gutes Design „quatscht“ nicht – es erzählt eine Geschichte. Gutes Design „blinkt“ nicht – es ist selbstbewusst, einladend und funktional. Und all das möglichst einfach und verständlich. Nur dann ist es auch erfolgreich.

Welche Bereiche sind involviert, wenn es um eine neue Produktentwicklung bzw. um ein neues Produktdesign geht?

Christoph Schnug: Für eine erfolgversprechende Entwicklung bedarf es erst einiger Akteure: Da ist der Produzent, dann der spätere Kunde und der Markt und natürlich der Dienstleister, der Gestalter. In dieser Rolle sehen wir uns als Büro in erster Linie als Partner des Produzenten, denn ein gutes Produkt kann nur gemeinsam entwickelt werden. Die ersten Schritte sind das Zuhören und Verstehen des Kunden. Ein Dialog muss entstehen, eine gemeinsame Vision, ein gemeinsames Ziel. Wir analysieren den jeweiligen Markt und auch branchenfremde Märkte und tragen alle Eindrücke zusammen. Eine erste Idee wächst, die dann in intensiven Prozessen Gestalt annimmt. Wir reden mit den Technikern, verstehen was möglich und sinnvoll ist und begleiten den Kunden dann bis zur finalen Produktion. In vielen Fällen übernimmt mein Büro auch die Kommunikation und die Einführung des Produkts. Denn wir kennen natürlich Produkt und Marke. Die passenden Geschichten kann man dann sehr selbstverständlich erzählen.

Orientiert sich Design vorwiegend an Funktionalität und visuellen Effekten oder wird auch die haptische Dimension im Gestaltungsprozess berücksichtigt?

Christoph Schnug: Es ist wie so oft die gesunde Mischung aus allen Bereichen. Das richtet sich nach der Art des Produkts. Die haptische Komponente wird jedoch immer wichtiger. Jedoch, ein Taschenmesser zu entwickeln, dass schön und mit neuem Softtouch belegt, aber nicht funktional ist, macht wenig Sinn. Ein Stift, der schön, funktional und gut in der Hand liegt, den Produzenten aber an den Rand der technischen oder logistischen Grenzen bringt, ebenso wenig. Design ist ein Ganzes aus den unterschiedlichsten Bereichen. Man muss als Designer die Komplexität verstehen, um sie dann, soweit es geht, zu reduzieren.

Was ist bei der Gestaltung von Werbeartikeln, die vor allem auch Kommunikationsmedien sind, wichtig?

Christoph Schnug: Eigentlich sind Werbeartikel ganz „normale“ Produkte, wie man sie auch im Handel finden kann. In den letzten 15 Jahren, in denen ich auch im Promotionbereich gearbeitet habe, sind immer mehr Retailprodukte im Werbeartikelbereich angeboten worden. Was Werbeartikel unterscheidet, ist banal gesagt die Personalisierung für den Kunden. Deshalb ist bei der Gestaltung für diesen Markt sicherlich die Diversifizierbarkeit durch Corporate-Elemente wie Farben, Formen und natürlich das Logo ganz wichtig. Ich glaube dennoch nicht, dass z.B. bei Schreibwerkzeugen ein fast tellergroßer Clip sein muss, auf dem dann das Logo plakatiert wird. Wenn man sich die Produkte anschaut, die wir für den Schweizer Schreibgerätehersteller Prodir gestaltet haben, ist es genau diese Schlichtheit bei hoher Personalisierbarkeit, die den Erfolgsunterschied ausgemacht haben. Diese Produkte könnte man auch in jedem Schreibwarengeschäft anbieten. Sie sind einfach, schnörkellos, aber dennoch unverwechselbar. Das ist eine gute Basis, um als „Markentransporter“ erfolgreich zu sein.

Als Juror des Promotional Gift Award haben Sie einen guten Überblick über Neuheiten und Produkttrends. Sehen Sie besondere Tendenzen? Hat sich das Design der Werbeartikel verändert?

Christoph Schnug: Im Werbeartikelmarkt finden Sie heute zunehmend auch Produkte aus dem Retail, und der ehemals oft etwas abwertend besetzte Begriff „Werbemittel“ hat sich qualitativ weiterentwickelt. Es fand und findet immer noch eine Art Emanzipationsprozess statt. Neben dem Lauten und Grellen findet man zunehmend Produkte, die marken- und werteaffin auch komplexe Botschaften glaubwürdig transportieren. Ich denke, dass sich das Markenimage von Firmen wie Audi, BMW, Commerzbank oder Nike nicht mit billigen Importprodukten verträgt. Beim Kunden, der das Produkt ja letztendlich benutzen soll, muss ein positives Gefühl und somit eine Markenbindung erreicht werden. Das geht nur mit Produkten, die von Firmen produziert werden, die diese Markenqualität auch selbst leben. Leider ist dies nicht immer so, aber der Trend ändert sich. Auch mit Prodir oder anderen Kunden bestand und besteht ein großer Teil unserer Arbeit darin, die Marken auf Augenhöhe mit anderen starken Marken zu bringen. Denn das schafft Vertrauen und Glaubwürdigkeit zwischen Kunde und Verkäufer.

Gibt es Werbeartikel, die Sie mit dem Blickpunkt des Designers als besonders gelungen bezeichnen würden

Christoph Schnug: Es gibt immer mehr gute Produkte, das hat auch der letzte Promotional Gift Award gezeigt. Ich freue mich über jedes Produkt, das sich nach einigen Monaten noch in meiner Tasche, meinem Auto oder in meiner Wohnung befindet. Dann ist ja eigentlich das Ziel erreicht. Der Kunde hat eine Beziehung zum Produkt und somit zu der kommunizierenden Marke aufgebaut. Und das sind dann wirklich nachhaltige Produkte.

// Mit Christoph Schnug sprach Dr. Mischa Delbrouck.

www.studiocmilano.com

 

printfriendly pdf email button md - Gutes Design quatscht nicht