Laufen ist gesund, Laufen macht frei, Laufen ist eine Bewegung geworden, der sich immer mehr Sportfans anschließen. Auf den großen Laufevents haben Unternehmen vielfältige Möglichkeiten, ihre Marke mit einem sportlichen Erlebniswert aufzuladen und das Wir-Gefühl zu steigern. Immer mit am Start: haptische Werbung in Form von Teamwear, Giveaways, Samplings & Co.

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Mercedes-Benz sponsert die deutsche Fußball-Nationalmannschaft und den VfB Stuttgart mitsamt dazugehörigem Fußballstadion, Nissan die UEFA Champions League, Hyundai die FIFA-Weltmeisterschaften. Der VfL Wolfsburg ist eine 100%ige Tochter der Volkswagen AG. Eine andere VW-Tochter – Audi – ist Hauptsponsor beim FC Ingolstadt und Anteilseigner beim FC Bayern München. Auch Ford (beim 1. FC Köln) und Opel (u.a. bei Borussia Dortmund) pumpen in der Hoffnung auf Re-Invests Millionenbeträge ins Bundesliga-Business. Auf der Suche nach Reichweite hat sich beinahe die komplette Autoindustrie König Fußball angedient.

Ein prominenter Name fehlt allerdings im Aufgebot: BMW. Mag sein, dass es den Münchenern angesichts der massiven Präsenz der Konkurrenz zu eng geworden ist auf dem Fußball-Spielfeld, jedenfalls setzt BMW „international aus strategischen Gründen derzeit nicht auf Fußball“, wie Friedrich Edel, Leiter Sportmarketing BMW Deutschland, erläutert. Aber auch bei den Bayerischen Motorwerken weiß man um die Bedeutung des Sports als Imageträger für Autos. Weltweit engagiert sich der Konzern in Disziplinen wie Golf- und Motorsport und unterstützt in Deutschland durch Sponsoringmaßnahmen insbesondere den Wintersport und den Laufsport. Letzteren in „Fahrt zu bringen“, hat sich BMW laut eigener Website auf die Fahnen geschrieben und ist daher bei nahezu allen großen Laufevents prominent zugegen: als Titelsponsor beim größten deutschen Marathonlauf – dem BMW Berlin Marathon –, als Partner der insgesamt 20 von BMW zusammen mit Sport Scheck ausgerichteten Stadtläufe und als Automobilpartner der großen Marathons in Hamburg, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Leipzig und München. Allein vor Ort erreicht der Münchener Autokonzern nach eigenen Angaben damit rund 3,5 Mio. Menschen (Teilnehmer und Besucher) jährlich. Von der Medienpräsenz gar nicht erst zu reden.

Dynamik, Ausdauer, Gesundheit

Die Konzentration auf den Laufsport ist kein Zufall. Zum einen besetzt BMW damit ein Feld, das von den Wettbewerbern noch weitgehend ignoriert wird. Zum zweiten sind Läufer eine attraktive und wachsende Zielgruppe – jeder vierte BMW-Kunde, schätzt Edel, ist selbst aktiver Läufer. Und zum dritten lassen sich Eigenschaften des Laufsports auf die Marke übertragen. „Laufen ist eine dynamische Sportart“, betont Edel. „Zudem kommt es auf Ausdauer, Strategie und Willenskraft an. Im Laufsport gilt: Nur wer sich seine Kräfte optimal einteilt, hat noch Reserven, wenn es darauf ankommt. Unsere Fahrzeuge und Motoren lassen sich ähnlich beschreiben. Verantwortungsvoller, schonender Einsatz von Ressourcen, aber auch Dynamik, wenn sie gebraucht wird.“

BMW betont stets, eine Vorreiterrolle bei der Elektromobilität einzunehmen und möchte dies auch über das sportliche Engagement kommunizieren. „Wir nutzen das Laufsport-Umfeld zur Präsentation unseres Produktportfolios und Stärkung des Anspruchs der Technologieführerschaft eines nachhaltigen Automobilherstellers“, so Edel. Folgerichtig ist BMW bei Laufevents nicht nur auf allen wichtigen Kommunikationsflächen und auf den Startnummern vertreten, sondern auch mit seinen Fahrzeugen: U.a. fährt der elektrisch angetriebene BMW i3 auf allen von BMW unterstützten Marathons als offizielles Zeitfahrzeug dem Starterfeld vorweg. BMW ist kein Einzelfall: Viele Sponsoren engagieren sich mittlerweile in der Laufsportszene. Ob Energieversorger wie die wie Stadtwerke Leipzig oder die RheinEnergie in Köln, Finanzdienstleister wie die Hamburger Sparkasse oder Handelsunternehmen wie die Metro –  sie versuchen, die positiven Assoziationen von Ausdauer über Beweglichkeit bis hin zu Gesundheit und Zielstrebigkeit auf die eigene Marke zu übertragen. Mitunter gelingt es sogar, Events Marken-konform zurechtzuschneidern: Beim Fisherman’s Friend Strongman Run etwa müssen sich die Akteure getreu  dem Slogan „Sind sie zu stark, bist du zu schwach“ auf der 24 km langen Strecke über Wasserhindernisse, Rampen, Strohballen, Holzstämme sowie durch Matsch- und Schleimflächen quälen. Und beim Kölner Energizer Night Run, veranstaltet von einem der weltweit führenden Hersteller von Batterien und Taschenlampen, werden die 5.000 Teilnehmer mit Kopflampen ausgestattet, um nach Sonnenuntergang die Laufstrecke in ein Lichtermeer zu verwandeln.

Breite Masse erreichen

Der Vorteil für Sponsoren bei Laufveranstaltungen: Auf der einen Seite kann man eine aktive und damit interessante Zielgruppe direkt und sehr spitz ansprechen, auf der anderen Seite aber auch die breite Masse, denn Laufen boomt. „Wir erreichen mit unseren Aktivitäten inklusive der Freizeitläufer potenziell 19 Mio. aktive Läufer deutschlandweit. Von einer Nische kann man also nicht sprechen“, konstatiert Edel. 19 Mio. aktive Läufer – das ist eine Zahl, die die Uni Mainz im Jahr 2011/12 bei einer Untersuchung zur aktiven Sportausübung der Deutschen erhoben hat. Demnach geht jeder vierte Deutsche über 16 Jahre regelmäßig (durchschnittlich 36-mal im Jahr) joggen – zum Vergleich: 8,3 Mio. Deutsche spielen aktiv Fußball. Laufen ist zu einem Volkssport geworden. Das zeigt auch ein Blick auf die Teilnehmerzahlen bei den Volksläufen. Laut einer Statistik des DLV (Deutscher Leichtathletik- Verband) starteten seit 2008 bis heute jedes Jahr mehr als 2 Mio. Läufer bei den rund 3.700 Veranstaltungen. Damit hat sich die Teilnehmerzahl in weniger als zehn Jahren verdoppelt – 1999, dem Jahr, in dem der damalige Außenminister Joschka Fischer am New York-Marathon teilnahm, wurde hierzulande erstmals die 1 Mio.- Grenze knapp übertroffen.

„Auffallend ist, dass es für den Laufsport keine Altersgrenzen gibt. Jugendliche gehören ebenso zum Kreis der aktiven Läufer wie Best Ager“, weiß Kai Gminder, Geschäftsführer der Gustav Daiber GmbH, deren Running Wear von vielen Hobby- und Profiläufern getragen wird. Auslöser des Laufsportbooms ist v.a. die Nähe zu den Themen „Gesundheit und Fitness“ – so Gminder, der einen weiteren Vorteil aufführt: „Running ist individuell und unkompliziert.“ Man benötigt keine Mitspieler, keine festen Zeiten, wenig Zubehör. Ähnlich sieht es Sönke Bahr, Marketingleiter bei der Infront B2RUN GmbH, dem Veranstalter der deutschen Firmenlaufmeisterschaft: „Laufen wird immer beliebt sein, weil man dafür nicht mehr braucht als ordentliche Schuhe und Lust auf Bewegung. Zudem kann es den Geist befreien, fördert nachweislich die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit und führt in den meisten Fällen in die Natur bzw. nach draußen, was eine willkommene Abwechslung zum Bürojob ist.“

Partizipation von Unternehmen

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Ob für Fans, Organisatoren oder die Sportler: Auch beim RheinEnergie Marathon Köln ist haptische Werbung immer präsent.

B2RUN würde ohne den Laufboom gar nicht existieren, hält ihn andererseits aber auch maßgeblich mit am Leben, indem es ihn mit seiner Idee der Firmenläufe auf die Ebene von Unternehmen transportiert. Der Grundgedanke: Unternehmen schicken ihre Mitarbeiter in Dreierteams auf die Laufstrecke. 2004 in München gestartet und seit 2009 auf weitere Läufe in ganz Deutschland ausgeweitet, weckte der Erfolg der Veranstaltung das Interesse des Sportvermarkters Infront, der B2RUN Anfang 2014 gekauft hat. Mittlerweile gehören zwölf Veranstaltungen zur B2RUN Firmenlaufmeisterschaft, das Finale steigt in Berlin, die Veranstalter erwarten insgesamt bis zu 130.000 Anmeldungen aus 6.000 Unternehmen für dieses Jahr – keineswegs vermessen, angesichts der Teilnehmerzahlen aus 2014: Allein Siemens schickte mehr als 5.000 Mitarbeiter an den Start, auch VW, BMW, Signal-Iduna, die DAK, Edeka und die Allianz waren mit jeweils mehr als 1.000 Mitarbeitern vertreten. Ebenso hatten sich Tausende von KMUs beteiligt – Laufen als Bewegung ist in den Personalabteilungen und dem Marketing von Unternehmen angekommen. „Das betriebliche Gesundheitsmanagement spielt eine immer wichtigere Rolle in Deutschland. Im Fokus vieler Unternehmen steht die Förderung gesunder Ernährung und regelmäßiger Bewegung. Zudem schweißt eine Teilnahme bei einem Firmenlauf zusammen, fördert den Teamgeist und trägt zu einem gesunden Betriebsklima bei“, erläutert Bahr. Das gilt es auch nach außen zu kommunizieren: Optisches Markenzeichen der Firmenläufe sind daher die jeweils einheitlichen Teamoutfits der Teilnehmer. „Der Auftritt in den Unternehmensfarben ist ein wirksames Marketinginstrument“, weiß Bahr. „Die Unternehmen können sich im Sinne des Employer Brandings als Arbeitgeber präsentieren, der in seine Mitarbeiter investiert. Innerhalb der Firma ist es fast noch wichtiger: Man fühlt sich zugehörig, ist Teil der Einheit und weiß, dass die Firma sich kümmert. Dabei gibt es Unternehmen, die jedes Jahr ein neues Shirt im neuen Design erstellen und über firmeninterne Designwettbewerbe bereits zum Teambuilding beitragen.“

Ähnliches passiert auch auf den klassischen Volks- und Stadtläufen. Neben den großen Hauptsponsoren sind auch viele Unternehmen in kleinerem Rahmen präsent, schicken Firmenteams, deren Startgebühren sie übernehmen und die sie mit Teamwear ausstatten. Rund um solche Laufevents ist daher mittlerweile eine regelrechte Industrie entstanden aus Anbietern und Bedruckern von Laufbekleidung und anderem Zubehör für die Teilnehmer. Ein Unternehmen, das von dieser Entwicklung profitiert hat, ist die Gustav Daiber GmbH. Mitte der 2000er Jahre waren die Albstädter Textilien im Werbetextilienmarkt  fest etabliert. Auf der Suche nach Erweiterungsmöglichkeiten verfiel man 2007 auf den Gedanken, eine Running-Kollektion für Promotionzwecke auf den Markt zu bringen, „mit Tights, Jacken, Tops – dem gesamten Sortiment, das Jogger für Training und Wettbewerbe benötigen“, wie Geschäftsführer Kai Gminder erzählt. Die Idee erwies sich „von Anfang an als Riesenthema“, Daiber traf mit dem Aufbau seiner einerseits qualitätsorientierten, andererseits auch in kleinen Stückzahlen bedruckbaren Running-Kollektion den Nerv der Zeit – für die Albstädter der Startschuss in den Ausbau.

Die Daiber-Philosophie, spezielle Laufkleidung mit professionellem Anspruch anzubieten, hat sich bewährt. „Die Zielgruppe achtet auf Funktionalität und modische Outfits“, so Gminder – die Zeiten der Jogginghosen sind zumindest auf den Joggingstrecken passé. Insgesamt ist die Qualität der Läufertextilien im Promotionbereich in den vergangenen Jahren immer besser geworden. Shirts, Shorts und Jacken besitzen vielfach eine ähnliche Ausdauer wie die Jogger selbst, werden dementsprechend lang und auch beim Training getragen und sichern so den werbenden Unternehmen einen Dauerplatz

Nah dran am Runner

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Adressdaten gegen Armband: Cleveres Marketing made by BMW

Was das Thema Laufsport so attraktiv für werbende Unternehmen macht, sind die zahlreichen Touchpoints, bei denen man der Zielgruppe so nahe kommt wie selten. Umkämpft sind z.B. die Plätze in den Starterpacks, die viele Veranstalter den Teilnehmern zur Verfügung stellen. Mit Giveaways und Produktproben versuchen viele Marken dort Präsenz zu zeigen. Geschickt eingesetzt – z.B. durch das Verknüpfen mit spezifischen Gewinnspielen – bieten weitere Medien wie Infoflyer oder Kundenmagazine auch die Möglichkeit der Adress- und Datengewinnung.

Ein cleveres Beispiel lieferte BMW, bei der zusammen mit Sport Scheck veranstalteten Stadtlaufserie 2013: Die Läufer konnten sich ein gebrandetes Schweißband fürs Handgelenk mit Schlüsselfach bestellen – kostenlos gegen Angabe der Adressdaten. Das nützliche Trainingsutensil wurde per Post inkl. Dankesschreiben für den erfolgreichen Start beim Stadtlauf und Umfragebogen versendet. Wer Letzteren ausgefüllt zurückschickte, konnte zudem an einer Verlosung für ein Wochenende beim BMW-Berlin-Marathon teilnehmen. So schloss sich der Kreis. Angesichts des unmittelbaren Kontakts zur Zielgruppe ist die Verteilung von Giveaways an Zuschauer und Sportler auf Laufevents sehr ge-„läufig“. Während bei Ersteren der Aspekt der Aufmerksamkeitsgenerierung durch Fähnchen, Ratschen, Tröten, Luftballons und Klatschstangen im Vordergrund steht, wird bei der Ansprache der Sportler v.a. auf Nützlichkeit geachtet: Traubenzucker und Trinkflaschen, Schweiß- und Schlüsselbänder, Laufsocken und Handy-Armtaschen stehen mehrheitlich auf dem Programm.

Emotionale Souvenirs

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Die haptische Werbung – für BMW „im Marketing-Mix kein ‚must have‘, aber in jedem Fall ein ‚nice to have‘“, wie Edel anmerkt, – erfüllt dabei mehrere Funktionen: Sie sorgt für eine breitere Präsenz und damit mehr Aufmerksamkeit, verstärkt z.B., so Edel, die „TV-Sichtbarkeit der Marke BMW an den Laufstrecken“, und trägt wesentlich zur Emotionalisierung des Events bei. „Firmenlaufshirts, Charity-Armbändchen, Medaillen – alles, was man am Tag des Laufs erhält, in die Hand und mit nach Hause nehmen kann, ist ein Erinnerungsstück an einen emotionalen und erfolgreichen Tag“, erörtert Bahr. Ob persönliche Bestzeiten, das Gruppengefühl, die Anfeuerung der Fans, der Zieleinlauf, die Atmosphäre in den Stadien – all diese Eindrücke können durch haptische Souvenirs  „über das eigentliche Event hinaus getragen und vermittelt werden“, so Bahr.

Bestes Beispiel für das Weiterleben von Emotionen in dinglicher Form sind die Finisher-Shirts. Bei vielen Stadt- und Volksläufen werden sie an diejenigen Teilnehmer verteilt, die es geschafft haben, noch vor dem Besenwagen – also in der vorgesehenen Zeit – die Ziellinie zu erreichen. „Finisher-Shirts haben einen hohen emotionalen Impact“, konstatiert Gminder. „Viele Teilnehmer tragen sie als Erinnerungsstücke voller Stolz und als zusätzliche Motivation dann auch bei anderen Events und im Training.“ Kein Wunder, dass das Branding auf einem Finisher-Shirt heiß begehrt ist. Immer mehr Unternehmen versuchen sich durch gezieltes Trikotsponsoring bei Laufevents einen Platz buchstäblich auf der Haut ihrer Zielgruppe zu sichern.

Die emotionale Direktansprache in einem thematischen Umfeld von Gesundheitsfürsorge, Dynamik und Spannung sorgt dafür, dass nicht nur der Laufsport selbst, sondern auch das Sponsoring desselben boomt. Ob das mittelfristig auch zu einer Verschiebung der Spendings bei den großen Autobauern führen wird? BMW dürfte das egal sein – einstweilen hat sich das Unternehmen im Segment Laufsport einen ordentlichen Vorsprung gesichert.

// Mischa Delbrouck

Bildquelle: BMW (3), RheinEnergie Marathon Köln (1)

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