Nach der Bankenkrise und diversen Skandalen hat das Image der Deutschen Bank gelitten. Mit einer neuen Markenkampagne will das Finanzinstitut nun verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Christian Rummel, Markenchef für Deutschland bei der Deutschen Bank, über die Abkehr von „Leistung aus Leidenschaft“, den positiven Beitrag von Mitarbeitern und die Kraft des Physischen.

Herr Rummel, die Deutsche Bank steht vor großen Herausforderungen: Sie muss nicht nur das verlorene Vertrauen zurückgewinnen, sondern auch den Konzernumbau stemmen. Welchen Beitrag kann Markenkommunikation in solchen Zeiten leisten?

Christian Rummel: Strategisch verankert kann sie Identität und Haltung bieten. Entscheidend ist dabei, dass die Mitarbeiter im Mittelpunkt der Kommunikation stehen. Denn sie verkörpern die Marke. Diese Perspektive hat sich in den letzten Jahren nicht nur bei uns, sondern auch bei anderen Unternehmen und Branchen dramatisch gewandelt. Vorbei sind die Zeiten, in denen man über Kampagnen und Werbung gesprochen hat, ohne die Mitarbeiter miteinzubeziehen. Nicht nur Kunden, auch Mitarbeiter wollen heute erfahren, wofür die Deutsche Bank steht, welchen Sinn und Nutzen sie stiftet. Deshalb müssen wir informieren, erklären und offen ins Gespräch gehen. All das möchten wir mit unserer neuen Markenkampagne unterstützen. Wir reden daher nicht bloß von einem neuen Spruch, sondern von einer neuen Art des Umgangs und einer neuen Art der Kampagne.

Dafür hat sich die Deutsche Bank bereits 2016 von ihrem Slogan „Leistung aus Leidenschaft“ verabschiedet …

Christian Rummel: Was in den letzten zehn Jahren in der Bankenwelt insgesamt und damit auch bei der Deutschen Bank passiert ist, hat ein Umdenken notwendig gemacht. Einige wenige haben eine Leidenschaft für das Falsche an den Tag gelegt, sodass die Konnotation von „Leistung aus Leidenschaft“ einfach nicht mehr zeitgemäß und richtig war.

Im Frühjahr 2017 hat das Geldhaus dann #PositiverBeitrag bzw. #PositiveImpact lanciert. Welche kommunikativen Weichenstellungen sind mit der neuen Markenkampagne verbunden?

Christian Rummel: Eine Zäsur markierte die großformatige Zeitungsanzeige, mit der sich der Deutsche-Bank-Chef John Cryan im Februar 2017 bei den Lesern und Kunden für „schwerwiegende Fehler“ in der Vergangenheit entschuldigt hat. Danach haben wir im Mai die Hashtag-Kampagne lanciert. Diese richtet sich im ersten Schritt nur an unsere Mitarbeiter und fokussiert sich auf die Frage, welchen positiven Beitrag jeder einzelne der fast 100.000 Mitarbeiter leistet – sowohl für unsere Kunden, Mitarbeiter und Aktionäre als auch für die Wirtschaft und Gesellschaft. Der Hashtag fungiert dabei nicht als neuer Claim, sondern drückt vielmehr die Haltung der Marke aus. Dahinter steht die Überzeugung, dass unsere Marke neu aufgeladen werden muss, und zwar von innen nach außen, nicht andersherum. Das ist eine Mechanik, die man von einer Bank so bislang nicht gewohnt ist.

Unsere Intranetseiten sind das Herzstück der Kampagne. Hier kann sich jeder Mitarbeiter einbringen und seinen positiven Beitrag als Video, Foto oder Text posten. Und die Beteiligung ist phänomenal: Laut unserer Marktforschung hat #PositiverBeitrag bzw. #PositiveImpact inzwischen 91% aller Mitarbeiter erreicht, 73% davon finden die Kampagne gut und können sich damit identifizieren. Das heißt für uns: Wir sind auf einem guten Weg. Trotzdem lassen wir uns mit der Kommunikation Zeit und werden damit erst im kommenden Jahr nach draußen gehen.

Wie gelingt es Ihnen ganz konkret, Mitarbeiter mitzunehmen und die Kampagne mit Inhalten zu füllen?

Christian Rummel: Viele Deutschbanker lassen sich digital gut erreichen. Daneben haben wir in unseren Filialen, 535 alleine in Deutschland, auch viele Mitarbeiter, die im intensiven Kundenkontakt stehen. Sie holen wir neben den digitalen Formaten auch über physische Anker ab. Deshalb haben wir zu Beginn der Kampagne an alle Filialen Poster und Postkarten, aber auch haptische Werbung wie Jutetaschen, Gymbags oder Post-its geschickt. Weitere Tools sind unsere 2,20 m großen Hashtags mit LED-Bespielung sowie dreidimensionale Schilder mit dem Kampagnenmotto #PositiverBeitrag. Mit beiden Elementen möchten wir zum Dialog anregen. Und die Praxis zeigt: Wenn man etwas in die Hand nehmen kann, fällt es gleich viel leichter, sich vor die Kamera zu stellen. Neben dem digitalen Impuls braucht es auch physische Momente, um eine Bewegung zu erzeugen und etwas loszutreten.

LowResPositiveImpactHashtag02 - „Wir müssen unsere Marke neu aufladen“
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Der Hashtag als Symbol der neuen Haltung: Von innen nach außen will die Deutsche Bank ihre Marke mit der Hashtag-Kampagne neu aufladen.

Und Sie selbst tragen einen Hashtag-Pin am Revers …

Christian Rummel: Diese Produktidee stammt von meinen Kollegen aus den USA und ist ein gutes Beispiel für die Kraft von Werbeartikeln: Man kommt über sie ins Gespräch. Auch Giveaways wie die mit einem Hashtag bedruckten Post-its, die wir schon bei diversen Mitarbeiterevents und Veranstaltungen für Führungskräfte eingesetzt haben, kommen sehr gut an. Sie kleben einfach überall und stehen symbolisch für eine Idee, die nach vorne weist und den Mitarbeitern ein neues Zugehörigkeitsgefühl vermittelt.

Nach außen präsentiert sich die Deutsche Bank seit diesem Sommer mit der Kampagne „Neue Zeit braucht neues Banking“ für das Privatkundengeschäft. Auf welche Kanäle fokussieren Sie sich bei der Ansprache der verschiedenen Kundensegmente?

Christian Rummel: Im Privatkundengeschäft führt kein Weg an TV-Spots vorbei. Diese Marketingkampagne findet quasi im Übergang zur Hashtag-Markenkommunikation statt, rückt dabei noch stärker das Kundenerlebnis in den Fokus – von innovativen digitalen Diensten bis hin zur persönlichen Beratung. Im B2B-Bereich hingegen sind Printmedien, Mailings und digitale Kanäle das Mittel der Wahl, um unsere Kunden zielgerichtet zu erreichen. Auch Veranstaltungen spielen eine große Rolle – von reinen Kundenveranstaltungen über sponsoringgetriebene Events, die mit unserem gesellschaftlichen Engagement zu tun haben, bis hin zu Konferenzen zu Finanz- und Wirtschaftsthemen.

BtL-Maßnahmen werden oft von gegenständlichen Werbeträgern flankiert. In welchen Bereichen setzen Sie B2B und B2C Werbeartikel ein?

Christian Rummel: Allen Geschäftsbereichen und Kundenverantwortlichen stellen wir in unserem Werbeartikelshop eine große Bandbreite an Produkten zur Verfügung, die etwa im Rahmen von Kundengesprächen, Events, Sponsoring oder Messen eingesetzt werden können. Das reicht von Kugelschreibern, LED-Taschenlampen und personalisierbaren Notizbüchern über Tragetaschen, Regenschirme und Thermobecher bis hin zu Spiel- und Rechengeld für Kinder, Manschetten, Magneten, Pins und Lanyards.

Hat sich der Einsatz von Werbeartikeln mit der Bankenkrise verändert?

Christian Rummel: Die letzten Jahre waren von einem umfangreichen Sparprogramm geprägt. Da ist es nur konsequent, dass wir auch bei gegenständlichen Werbeträgern genau abwägen, was eingesetzt wird. Die Qualität der Produkte darf darunter natürlich nicht leiden. Aber generell sind wir hier nach innen und außen zurückhaltender geworden.

Von welchen Überlegungen wird die Auswahl der Werbeartikel generell geleitet?

Christian Rummel: Wir möchten mit den Produkten auf keinen Fall in die Gimmick-Ecke abrutschen, auch Wegwerfartikel vermeiden wir weitestgehend. Alle Werbeartikel, die wir einsetzen, müssen Sinn machen und einen Nutzen stiften. Ganz entscheidend ist auch die Qualität der Materialien und Veredelungen, da sich darüber hervorragend Themen wie Wertigkeit, Wertschätzung und Zuverlässigkeit transportieren lassen – und das, ohne dabei ein einziges Wort zu verlieren. Ein schönes Beispiel dafür stammt von einer Filialmitarbeiterin, die im Rahmen unserer Hashtag-Kampagne ein Foto gepostet hat, das sie zusammen mit einer Kundin bei strömendem Regen vor der Filiale zeigt – beide barfuß und mit einem Regenschirm der Deutschen Bank in der Hand. Dazu der Satz: Wir lassen keine Kundin im Regen stehen. Besser lässt sich der Bogen zur Marke nicht schlagen.

Welche Rolle spielt der vielbeschworene Content bei Werbemaßnahmen?

Christian Rummel: Wir wissen aus der Marktforschung, wie wichtig es ist, relevante Inhalte auch mittels Werbung zu transportieren. Man muss sich in die Welt des Kunden hineinbegeben und Content liefern, mit dem sich der Kunde identifiziert. Wie das in der Praxis aussehen kann, zeigt die Marketingkampagne rund um die „Böse Null“, die die Kollegen von der Deutsche Asset Management im Frühjahr 2017 auf Promotiontour geschickt haben. Das „Böse Null“-Monster steht dabei als Symbol für die durch das Niedrigzinsumfeld ausgelöste Vermögensvernichtung und wurde u.a. als Sonderanfertigung auch haptisch umgesetzt.

Foto Frieze II - „Wir müssen unsere Marke neu aufladen“
IMG 1145 - „Wir müssen unsere Marke neu aufladen“
Art works: Die Förderung von Kunst ist eine weitere Säule der Deutschen Bank. Zu den zahlreichen Aktivitäten gehören u.a. das Sponsoring der Frieze Art Fair und der alljährlich aufgelegte Kunstkalender.

Sie haben außerdem das Thema Wertschätzung angesprochen: Wie gelingt es, diese ganz konkret über haptische Werbeträger zu vermitteln?

Christian Rummel: Als Sponsor einiger der größten Kunstmessen nutzen wir diese auch für die Kundenansprache. Z.B. überreichen wir unseren Kunden auf der Frieze Art Fair in London und New York jedes Jahr zum Abschied eine Tasche mit einem großformatigen Kunstkatalog. Weitere Präsente, die Wertigkeit und Wertschätzung transportieren, sind etwa der alljährliche Kunstkalender oder auch flauschige Decken aus Naturfasern wie Mohair, die wir etwa im Rahmen exklusiver Kundenevents einsetzen.

Zu Ihrem Verantwortungsbereich gehört auch das gesellschaftliche Engagement der Deutschen Bank. Inwieweit sind auch hier haptische Botschafter mit von der Partie?

Christian Rummel: Die Deutsche Bank stellt sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung mit zahlreichen Projekten, Spenden und Sponsorships, insbesondere auf den Feldern Bildung und Chancengerechtigkeit für Jugendliche, soziales Unternehmertum, Integration von Flüchtlingen bis hin zur umfangreichen Förderung des Engagements unserer Mitarbeiter in sozialen Projekten. Entsprechend vielfältig sind auch die Ansätze für Werbeträger. Das fängt an mit gebrandeten Trikots, mit denen wir unsere Deutschbanker bei Fundraising-Aktionen wie dem J.P. Morgan Chase-Lauf oder dem Radrennen DeutscheBike unter dem Motto „Keine Gnade für die Wade“ ausstatten, und reicht bis hin zu Fächern und Shirts für Mitarbeiter und Kunden, die auf unserem Wagen beim Christopher Street Day mitfahren. Auch im Rahmen unserer Partnerschaft mit der Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ wurden Giveaways eingesetzt. Z.B. haben wir passend zum Motto „Stadt, Land, Netz!“ mal Flower Balls verteilt, um darüber Themen wir Urban Gardening aufzugreifen. Die Botschaft darauf: „Jede gute Idee hat mal klein angefangen.“

Das heißt, obwohl sich sowohl im Marketing als auch im Kerngeschäft der Deutschen Bank vieles ins Digitale verschiebt, bleiben haptische Anker unerlässlich?

Christian Rummel: Wir sind Menschen, wir brauchen die haptische Erfahrung, das Physische – trotz oder gerade weil das Digitale immer präsenter wird. Am Ende ist es immer eine Frage der Balance. Außerdem kommt es darauf an, in welcher Situation und mit welcher Intensität ich den Kunden erreichen möchte. Die flüchtige Aufmerksamkeit erreiche ich sowohl digital als auch haptisch. Will ich jedoch tiefer durchdringen, muss ich relevanten, interessanten und kreativen Inhalt bieten. Das ist oft das Moment, in dem die digitale Kommunikation abbricht. Mit haptischen Impulsen und natürlich auch im persönlichen Kontakt kann ich dagegen ganz anders agieren. Das hat uns auch wieder die Einführung der Hashtag-Kampagne gezeigt.

// Mit Christian Rummel sprach Andrea Bothe.

Fotos: Andrea Bothe (1),  © WA Media; Deutsche Bank AG (4)

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