Revolution am Rost, ein Markt ist im Wandel. In den vergangenen Jahren haben die Deutschen das Grillen perfektioniert und zeigen sich dabei nicht nur experimentierfreudig, sondern auch extrem wetterresistent. Michael Reuter, Geschäftsführer bei Weber-Stephen Deutschland, über eingefleischte Grillfans, Marketing für brandheiße Statussymbole und Giveaways mit Kultpotenzial.

Herr Reuter, 1952 entwickelte George Stephen aus den Unterhälften zweier Bojen den ersten Kugelgrill und eroberte damit den US-amerikanischen Markt, Anfang der 2000er Jahre folgte der deutsche. Wie hat sich das Geschäft seither entwickelt?

Michael Reuter: Innerhalb weniger Jahre ist es uns gelungen, den Grillmarkt in Deutschland aufzubauen und das Thema Grillen neu aufzuladen. Eine ganze Generation interessiert sich heute für gutes und gesundes Essen vom Grill. Im Zuge dieser Entwicklung ist der Grill zum Statussymbol avanciert: Was früher Autos und Häuser waren, sind heute Smartphones und Grills. Letztere werden am Wochenende genauso gehegt und gepflegt wie früher das Automobil.

h14 weber 2 - „Wenn man Fans hat, ist Merchandise ein Muss“
h14 weber 3 - „Wenn man Fans hat, ist Merchandise ein Muss“
Markeninszenierung am POS: Bei der Eröffnung des ersten Original Weber Stores in Wien präsentierte der Grillspezialist seine neuesten Produktinnovationen und Fanartikel. Grillweltmeister wie Adi Bittermann lieferten dazu würzige Kostproben direkt vom Grill.

Wie wichtig ist der deutsche Markt für Weber-Stephen?

Michael Reuter: Inzwischen ist Deutschland nach den USA der zweitgrößte Markt. Im Hinblick auf die Wachstumszahlen sind wir deshalb sehr verwöhnt und konnten z.B. zwischen 2004 und 2012 unseren Umsatz jedes zweite Jahr verdoppeln.

In den letzten Jahrzehnten ist aus dem improvisierten Brutzeln von einst fast schon eine Wissenschaft für sich geworden. Welche Faktoren haben die Entwicklung vom praktischen Tool zum kultigen Lifestyle-Produkt befördert?

Michael Reuter: In der heutigen Zeit ist alles auf Digitalität und Schnelligkeit ausgelegt, das Persönliche kommt oftmals zu kurz. Als Gegentrend suchen viele Menschen nach Wegen der Entschleunigung, gehen raus in die Natur – zum Wandern, Klettern oder Mountainbiken. Auch ein gesunder Lifestyle wird zunehmend wichtiger. All diese Entwicklungen spielen uns in die Hand, denn wer grillt, ist an der frischen Luft, genießt gutes Essen und verbringt Zeit mit Freunden. Das entschleunigt ungemein. Ebenso spielt das Thema Convenience eine große Rolle. Statt nach dem Essen die Küche zu putzen, muss man nur den Grill abbürsten, Deckel drauf und fertig.

Wie haben sich die Grillgewohnheiten der Deutschen ganz konkret in den vergangenen Jahren verändert?

Michael Reuter: Die Experimentierfreude hat deutlich zugenommen. Früher waren Würstchen, Schweinekotelett, Rinderund Putensteak der Standard. Dazu wurden Kartoffeln auf den Grill gelegt. Das war es. Heute reicht das Repertoire von Braten über Beer Can Chicken, Pulled Pork und Brisket bis hin zu Pizza und Burger. Als Innovationsführer treiben wir diese Entwicklung natürlich gezielt voran. Dabei verstehen wir unsere Grills sowie das Zubehör einfach als Hilfsmittel, um Familie, Freunde und sich selbst mit einem perfekten Essen zu verwöhnen.

Eine Vielfalt, die Sie u.a. mit Rezepten und Büchern fördern …

Michael Reuter: Schon der Gründer George Stephen hat nicht nur Grills entwickelt, sondern auch Rezepte zusammengestellt und bereits in den 1970er Jahren das erste Grillbuch veröffentlicht. Dieser Tradition folgen wir. Mit unseren Büchern führen wir den Verbraucher Schritt für Schritt in unsere Welt ein – vom Anfänger bis zum Fortgeschrittenen. Alleine die Grillbibel ist 1,4 Mio. Mal verkauft worden, das schaffen nicht viele Bücher.

Wie flexibel sind die Grillfans inzwischen bei den Jahreszeiten?

Michael Reuter: Früher gab es eine Saison: Im Mai wurde angegrillt, im September abgegrillt. Das konnten wir so natürlich nicht stehen lassen und haben deshalb schon sehr früh Kampagnen für das Wintergrillen gefahren. Z.B. haben wir unter dem Motto „Viel mehr, als Mann sich wünschen kann“ Grills und Grillzubehör als emotionale Alternative zu klassischen Weihnachtsgeschenken auf den Gabentisch gebracht. Inzwischen besagen Studien, dass ein Drittel der Zielgruppe auch im Winter den Grill anheizt, vor zehn Jahren waren das noch 3%.

Wie lässt sich Ihre Zielgruppe beschreiben?

Michael Reuter: Da wir im Premiumsegment tätig sind, liegt unsere Kernzielgruppe bei den 29- bis- 59-Jährigen, 70% davon sind männlich, 30% weiblich. Am tiefsten steigen die 35- bis 49-Jährigen in die Thematik ein. Für einzelne Marketingkampagnen betrachten wir die Zielgruppe natürlich noch einmal detaillierter und bestimmen sehr genau, wie wir welches Kundensegment adressieren. Und natürlich beginnt diese differenzierte Betrachtung schon bei der Produktentwicklung. Für jeden Endverbraucher und für jede Lebenslage brauchen wir das richtige Produkt.

Weber Stephen Flaschenoeffner 250x250 - „Wenn man Fans hat, ist Merchandise ein Muss“Liegt es an dieser konsequenten Kundenorientierung, dass Ihr Unternehmen bereits mehrfach ausgezeichnet worden ist, u.a. als „Superbrand 2012 und 2014/2015“ sowie als „German Brand 2016“?

Michael Reuter: Ein Baustein unseres Erfolges ist sicherlich, dass sich das gesamte Unternehmen der Consumer Centricity verschrieben hat. Der Endverbraucher steht im Zentrum unseres Denkens. Ob Produkte, Zubehör oder Services – alles was wir tun, ist an den Bedürfnissen des Endverbrauchers ausgerichtet. Hinzu kommt eine konsequente Markenführung, bei der wir sorgsam darauf achten, dass die Kernwerte erhalten bleiben.

Welche Werte sind bei Weber-Stephen unantastbar?

Michael Reuter: Wir sind keine luxuriöse High-Class Brand, sondern eine Marke zum Anfassen. Das müssen wir über die verschiedenen Touchpoints hinweg erlebbar machen. Weber steht seit jeher für Qualität, durchdachte Technik und Innovationen – bei der Produktentwicklung, aber auch beim Marketing. Wir gehen voran, sind mutig und innovativ. So wie z.B. mit unserem Weber-Magazin Grill on, das mit Rezepten, Trends und Geschichten rund um unsere Welt ganz neue Maßstäbe setzt.

Welche Maßnahmen prägen außerdem Ihre Kommunikation?

Michael Reuter: In den ersten Jahren haben wir zunächst in den POS investiert und dann die Marke aufgebaut. Inzwischen liegt unsere gestützte Markenbekanntheit bei 86%. In diesem Jahr richten wir unsere Kampagnen auf den Fachhandel aus, um unsere Produkte vor Ort erlebbarer zu machen. Dazu zählen etwa Promotions, Vorführungen und exklusive Events, mit denen wir die Kunden vor Ort ansprechen. Denn mehr als alles andere gilt für das Marketing: Wir müssen alle Sinne ansprechen.

Die Entwicklung von Erlebniswelten am POS ist für Weber ein zentrales Thema. Worum geht es hier konkret?

Michael Reuter: Ein Schwerpunkt ist multisensuales Marketing und die Frage, mit welchen Stimmungsbildern und über welche Sinne wir die Verbraucher am besten abholen können. Ganz konkret experimentieren wir z.B. in unserem eigenen Store in Berlin mit Düften wie Grillaromen. Außerdem beschäftigen wir uns damit, wie sich die digitale Komponente am POS besser einbinden lässt. Technologien wie Instore Touchscreens und Apps sind längst Pflicht, doch an der Kür tüfteln wir noch.

Welche haptischen Werbeträger sind bei Weber Pflicht – oder auch Kür?

Michael Reuter: Die Auswahl reicht von Standardprodukten wie Kugelschreibern, Notizbüchern, Tassen und Handyhüllen über Event-Packages für Händler mit Luftballons, kleinen Schälchen und Trinkbechern für die Verkostung bis hin zu nostalgischen Emaille-Schildern mit Aufschriften wie „Weber grills only“. Ein weiteres Beispiel ist unsere sehr erfolgreiche Weihnachtsaktion im vergangenen Jahr am POS: Zum Kauf einer limitierten Edition unseres roten Kugelgrills gab es einen kleinen roten Spielzeuggrill gratis dazu. Das hat den Absatz gestärkt, emotionalisiert und so für zahlreiche Posts auf den Social Media-Kanälen gesorgt. Darunter auch Fotos mit Eltern, die Grills gemeinsam mit ihren Kids aufbauen. Beim Branding setzt Weber auf sein Icon, den Kugelgrill. Dieser erinnert sofort an Weber, ohne dabei aufdringlich zu sein. Häufig setzen wir das Icon anstatt eines großen Weber-Schriftzugs ein, und manchmal entstehen aus der Silhouette Sonderanfertigungen, so wie z.B. die Eiswürfelformen oder unser Flaschenöffner.

Weber Handyhuelle - „Wenn man Fans hat, ist Merchandise ein Muss“Wie werden die Produkte eingesetzt?

Michael Reuter: Es sind v.a. Kundenbindungsinstrumente für unsere Händler, die wir ihnen ebenso wie POS-Materialien zur Verfügung stellen. Sehr populär ist z.B. unsere Schokolade mit der Banderole „Zuhause ist, wo mein Weber ist“. Für besonders gute Kunden stellen wir darüber hinaus hochwertige Geschenkboxen zusammen, die wir z.B. mit Grillbüchern und unserem digitalen und App-kompatiblen Thermometer iGrill bestücken. Als Weihnachtsmailing an unsere Kunden setzen wir z.B. Plätzchenausstecher mit den Grillsilhouetten unserer Gas-, Kohle- und Elektrogrills ein. Und unsere Händler überraschen wir zum Jahresende mit Tischsets oder einem Glühwein, der als Grundlage für einen ausgefallenen Rezeptvorschlag im Dutch Oven dient.

Außerdem findet man im Weber-Online-Shop verschiedene Fanartikel für den passionierten Griller …

Michael Reuter: Viele Endverbraucher möchten sich als Weber-Griller „outen“. Deshalb bieten wir online, aber auch in unserem Store in Berlin ein kleines Fansortiment an, darunter T-Shirts, Hoodies, Poloshirts, Baby-Bodys mit dem Aufdruck „Grill master next generation“ und -Lätzchen mit „A new grill master is born“. Wenn eine Marke Fans hat, dann ist Merchandise einfach ein Muss – und ein Bereich, in den wir künftig noch stärker investieren.

Warum lohnt es sich generell, Werbeartikel einzusetzen?

Michael Reuter: Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Sie schenken Freude und Wertschätzung, emotionalisieren den Kaufakt und sind ein erster Schritt zum Aufbau einer loyalen Kundenbeziehung.

// Mit Michael Reuter sprach Andrea Bothe.

Fotos: Jens C. Friedrich, © WA Media (2); www.weber.com (1); www.weber.com, Florian Wieser (5)

 

printfriendly pdf email button md - „Wenn man Fans hat, ist Merchandise ein Muss“