Geht es um Effizienz- und Absatzsteigerung, ist das Vertriebsmarketing ein lohnender Ansatzpunkt. Die Jäger aus dem oberpfälzischen Röckersbühl haben sich auf dieses Revier spezialisiert. Agenturchef Martin Deß über Verkaufsverhinderer, Krach- und Wachmacher sowie clevere Runden- bzw. Kundenbindung.

h8 absatz 1 - „Der Werbeartikel ist ein Köder“

 

Herr Deß, 2012 wurden Sie von der W&V zu einer der fünf erfolgreichsten Werbeagenturen Deutschlands gekürt. Was unterscheidet „Die Jäger“ von anderen Agenturen?

Martin Deß: Unser Hauptsitz liegt in Röckersbühl, in einer malerischen Landschaft im Herzen Bayerns. Wir sind bei der Gründung damals bewusst nicht den „Agentur = Großstadt“-Weg gegangen, unsere Standorte in Köln und München haben unsere Präsenz in Deutschland dann erst im Rahmen unseres starken Wachstums der letzten Jahre zusätzlich erweitert. Bei unserer täglichen Arbeit haben wir immer die gesamte Prozesskette im Blick – von der Beratung und Dienstleistung über Technologie und Kommunikation bis hin zur Entwicklung innovativer Produkte und standardisierter Vertriebslösungen. Statt also ein Medium in den Vordergrund zu rücken, sind sie bei uns alle nur Mittel zum Zweck. Dadurch sind wir sehr frei in unserem Denken.

Im Fadenkreuz der Jäger steht der erfolgreiche Vertrieb. Was bedeutet das konkret?

Martin Deß: Der erste Verkaufsverhinderer im Verkaufsprozess ist die Schnittstelle zwischen Marketing und Vertrieb. Diese beiden Bereiche arbeiten in Unternehmen häufig aneinander vorbei. Manchmal verfolgen sie konträre Ziele, ein anderes Mal haben sie völlig verschiedene Bilder von den Kunden und ihren Bedürfnissen. Und das ist eigentlich kaum verwunderlich, wenn man weiß, dass kaum ein Marketingleiter mal für ein paar Tage mit dem Vertrieb unterwegs ist. Für mich ist das ein absolutes No-go. Wenn es gelingt, dass diese Bereiche enger zusammenarbeiten, dann lässt sich der Erfolg kaum noch aufhalten.


An welchen Stellschrauben muss man drehen, um
eine bessere Zusammenarbeit zu erreichen?

Martin Deß: Zunächst einmal erstellen wir eine 100%-Ist-Analyse, bei der wir die Vertriebsstruktur, Prozesse, Mitarbeiter sowie die vertriebliche Kommunikation untersuchen. Ein bewährter Bestandteil dieser Analyse ist z.B. die Außendienstmitfahrt. Sie liefert uns detaillierte Informationen darüber, wie verkauft wird: Haben die Mitarbeiter eine gute Sales Story, mit der sie das Produkt aufladen können? Kennen sie die verschiedenen Typologien der Kunden und können darauf reagieren? Welche Unterlagen und Medien nutzen sie dabei? Wie geht der Bestellvorgang vonstatten? Die nächste Stellschraube ist der Point of Sale, inklusive POS-Präsentationen und Mitarbeiterschulungen. Dazu gehört auch die Beobachtung der Endkunden, wie sie auf Produkte zugehen und warum sie sich für bzw. gegen bestimmte Artikel entscheiden. Und last not least sprechen wir natürlich mit den Händlern darüber, was sie von den Unternehmen brauchen.

Das Controlling wird in Unternehmen zunehmend wichtiger. Verschieben sich damit auch die Budgets zugunsten einer Stärkung des Vertriebs?

Martin Deß: Die Investitionsbereitschaft in diesen Bereich ist enorm gestiegen, weil immer mehr Unternehmen erkennen, welches Potenzial hier verborgen liegt. Unserer Erfahrung nach sind rund 10% einer Vertriebsmannschaft Spitzenverkäufer, weitere 30% machen einen guten Job. Bei jeweils 30% liegt auch der Anteil durchschnittlicher und schlechter Verkäufer. Das bedeutet, wenn wir es schaffen, die unteren 60% in die Nähe der oberen 40% zu bringen, dann haben wir eine gigantische Hebelwirkung. Und das ist eine Kraft, die insbesondere Controller, die in den Unternehmen immer stärker die Oberhand gewinnen, überzeugt. Hier können wir mit einer sauberen Berechnung des Return on Investment punkten.

Wie wichtig ist Ihrer Erfahrung nach das haptische Erleben beim Marketing?

Martin Deß: Wir versuchen mit unseren Arbeiten immer, möglichst viele Sinne anzusprechen, denn nur so kann man überzeugen und Menschen dazu bringen, für etwas Geld auszugeben. In besonderem Maße kommt die multisensorische Ansprache beim POS zum Tragen und natürlich beim Einsatz von Werbeartikeln. Leider ist dieses Marketingtool in vielen Köpfen „nur“ ein nettes Gadget, für uns ist der Werbeartikel jedoch ein echter Köder. Es ist faszinierend, wie stark Menschen auf solche Artikel reagieren und wie man darüber z.B. Responsequoten in die Höhe treiben kann.

interview h8 - „Der Werbeartikel ist ein Köder“

Für den Vermietdienstleister Zeppelin
Rental, der u.a. Baumaschinen und
-geräte anbietet, entwickelte die
Agentur den „Macher-Shop“. Im Fokus
der Internetplattform: Fanartikel mit
lockeren Machersprüchen.

Mailings und POS-Aktionen sind zwei klassische Einsatzgebiete für den gegenständlichen Werbeträger. Gibt es darüber hinaus Marketingdisziplinen bzw. Ziele, die einen Einsatz nahelegen?

Martin Deß: Wir setzen Werbeartikel immer dann ein, wenn wir an die Zielgruppe ein ganz konkretes Anliegen haben. Z.B. sollten wir für einen unserer Kunden eine Online-Schulung organisieren und dabei möglichst viele der überwiegend weiblichen Verkäuferinnen zu einer Teilnahme bewegen. Also haben wir als Anreiz diverse Koziolprodukte wie den Apfelteiler oder den Orangenschäler ausgelobt und konnten darüber eine enorm hohe Teilnahmequote erzielten. Im Endkundenbereich setzen wir Werbeartikel häufig in Verbindung mit Flyern ein. Auch hier ist der Response enorm. So haben wir z.B. den Besuch eines Kleidungsgeschäfts mit der Vergabe eines Schals gekoppelt. Die ersten 500 Exemplare waren innerhalb von vier Stunden weg, und mehr als 70% der Kunden haben bei dieser Gelegenheit weitere Artikel gekauft. Ein ganz entscheidendes Kriterium für den Erfolg der Aktion war die Tatsache, dass der Schal als sehr hochwertig wahrgenommen wurde. Er wurde auf rund 30 Euro geschätzt, obwohl er tatsächlich nur einen Bruchteil davon gekostet hat.

Hier zahlt der Werbeartikel vor allem auf verkaufsfördernde Ziele ein. Lässt sich auch die Markenkommunikation mit gegenständlichen Werbeträgern befördern?

Martin Deß: Bei Brandthemen ist der Werbeartikel ebenfalls ein probates Mittel. Wir betreuen z.B. den Kunden Zeppelin Rental, einen Komplettanbieter im Bereich Vermietung von Baumaschinen und -geräten, und haben für diesen u.a. die Online-Plattform „Macher-Shop“ aufgesetzt. Hier kann die Zielgruppe Kapuzenpullover, T-Shirts, Kochschürzen und andere Accessoires im Macherstil und mit den entsprechenden Machersprüchen wie „Krachmacher“, „Ich mach das lieber selbst“ oder „Das hat der Papa gut gemacht“ als Merchandisingartikel kaufen. Die Produkte sind das Vehikel, über das die Botschaft „Hier mieten Macher“ transportiert und auf die Kunden übertragen wird. Gleichzeitig ist das die höchste Form der Identifikation, wenn Menschen die Marke am Körper tragen. Nicht umsonst verkauft der FC Bayern München jedes Jahr mehr als eine Million Trikots. Vereine und Automobilbauer zeigen hier, wie es geht, in anderen Branchen ist noch viel Luft nach oben.

Wo machen Werbeartikel Ihrer Erfahrung nach wenig Sinn? Oder anders gefragt: Welche Fehler gilt es zu vermeiden?

Martin Deß: Ich bin mir nicht sicher, ob ihr Einsatz im Rahmen der Messekommunikation sinnvoll ist. Einerseits werden Giveaways am Messestand natürlich erwartet, anderseits finde ich es bedauerlich, wenn sie einfach nur wahllos rausgehauen werden. Hier bringt eine gute Verköstigung oft mehr. Falls man dennoch Werbeartikel einsetzt, sollte man ihnen einen echten Wert geben. Als ich kürzlich eine Außendienstmitarbeiterin begleitet habe, hat diese eine Plastiktüte voller Giveaways ohne viele Worte an ihren Kunden übergeben. Danach haben wir darüber gesprochen, wie man den Produkten verbal mehr Wertigkeit verleihen kann, und schon beim nächsten Versuch war die Reaktion des Kunden eine ganz andere. Aus diesem Grund mag ich den Begriff Streuartikel auch nicht, weil er der Abwertung dieses Tools quasi Vorschub leistet.

Zu Ihren Kunden gehören zahlreiche Unternehmen aus der Healthcare-Branche. Wie lassen sich diese Themen kreativ auf Werbeartikel übertragen?

Martin Deß: Individualisierte Apothekenkampagnen gehören zu den Stärken unserer Vertriebsmarketingagentur. So haben wir z.B. für Bionorica, einer der weltweit führenden Hersteller pflanzlicher Arzneimittel, und das Präparat Canephron® N im Jahr 2012 eine sehr aufmerksamkeitsstarke Kampagne rund um das Thema Blasenentzündung gestartet. Bestandteil dieser Aktion waren Haushaltsflyer und als hochwertiges Präsent ein speziell entwickeltes Kochbuch mit Rezepten, die Rosmarin verwenden, eine der drei Heilpflanzen des Präparats. Das Kochbuch erhielten die Kunden, sobald sie mit dem Flyer in die Apotheken kamen. Unterm Strich konnte so durch die Kombination aus Akquisematerial für den Außendienst, Schulungsmaterialien für die Apotheken und Giveaway für die Kunden ein hochsignifikanter Effekt auf den Absatz erzielt werden. Dazu unterstreicht das Gesamtpaket die gute Qualität und Beratung der Apotheken. Das hätte mit einem 08/15-Giveaway nicht funktioniert.

Im Sommer 2013 hat der europäische Verband der Arzneimittelhersteller mit dem Transparenzkodex ein Verbot von Werbeartikeln beschlossen. Auch der Deutsche Apothekertag fordert ein Verbot von Onpack- Promotions. Welche Konsequenzen hat das auf Ihre Arbeit?

Martin Deß: Unter den Apotheken herrscht nun einmal Wettbewerb, dann muss man ihnen auch die Möglichkeit geben, auf sich aufmerksam zu machen. Meines Erachtens ist es ein Unding, dass man einerseits die Marktbedingungen, d.h. den Gebietsschutz, lockert, und andererseits den Einsatz von Marketingtools reglementiert. Selbstverständlich müssen solche Aktionen ethisch sauber aufgesetzt werden. Das bedeutet z.B., dass man die Abgabe eines Giveaways nicht an einen Produktverkauf koppelt, aber das ist für uns ohnehin eine Selbstverständlichkeit. Und darüber hinaus müssen wir sicherlich über clevere Alternativen nachdenken.

Könnten Sie für uns einmal laut denken?

Martin Deß: Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Die Alte Apotheke in Bottrop veranstaltet einmal im Jahr einen Spendenlauf, dessen Erlös dem Hospiz in Bottrop zu Gute kommt. Start und Ziel der jeweils 400 m langen Runde um den Hansaring ist die Apotheke. Im vergangenen Jahr nahmen an diesem Lauf rund 3.000 Menschen teil, die insgesamt eine Spendensumme von knapp 100.000 Euro erliefen. Mit jeder Runde verstärkt sich dabei das Gefühl, gemeinsam mit der Apotheke Gutes zu tun. Das schweißt zusammen und ist eine echte Kundenbindungsmaßnahme, die während des Laufs mit gegenständlichen Werbeträgern wie T-Shirts, Hüten und Trinkflaschen unterstützt wird.

// Mit Martin Deß sprach Andrea Bothe

www.die-jaeger.de

Bildquelle: Die Jäger von Röckersbrühl GmbH

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