Jägermeister zählt bei den internationalen Spirituosenmarken zu den Platzhirschen. Jürgen Zimmer, Leiter Werbemittel bei der Mast-Jägermeister SE, über die Jagdreviere der Marke, die Zeiten des Wildshoppings mit Rudi und Ralph sowie artgerechte haptische Werbung.

jaegermeister slider - „Innovation ist für uns eine Mission“

Herr Zimmer, Jägermeister ist mit mehr als 91 Mio. verkauften 0,7 l-Flaschen der weltweit erfolgreichste Kräuterlikör. Was sind die wichtigsten Ingredienzien für diesen Erfolg?

Jürgen Zimmer: Da ist zunächst einmal die Jägermeister-Rezeptur, die aus 56 verschiedenen Zutaten besteht. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist unser Geschäftsmodell: In jedem Land haben wir einen exklusiven Distributionspartner, mit dem wir gemeinsam Marketing- und Vertriebsmaßnahmen abstimmen. So entsteht aus dem lokalen Know-how unserer Partner und unseren zentralen Markenbotschaften ein stringenter und gleichzeitig länderspezifischer Markenauftritt.

Gerade im Marketing setzt Jägermeister immer wieder Maßstäbe, schrieb etwa Sponsorgeschichte mit der ersten Trikotwerbung für Eintracht Braunschweig. Wie wichtig sind innovative Konzepte, um sich in der Branche zu behaupten?

Jürgen Zimmer: Wer seit mehr als 80 Jahren das gleiche Produkt herstellt, muss sich etwas einfallen lassen, um Top of Mind zu bleiben. Deshalb ist Innovation für uns auch kein Schlagwort, sondern eine Mission und ein absoluter Wachstumstreiber. Zentrales Element unserer Marketingstrategie ist dabei die reale Begegnung mit dem Kräuterlikör, denn als Erlebnismarke gibt es immer etwas zu erzählen.

Im Jahr 2012 bekam Jägermeister einen neuen Claim: „Wer, wenn nicht wir“ löste „Echt. Jägermeister“ ab. Zahlt dieser Wechsel auf die Erlebnismarke ein?

Jürgen Zimmer: Die Gemeinschaft ist seit jeher ein fester Bestandteil der Marken-DNA. Curt Mast war nicht nur ein leidenschaftlicher Jäger, er hat den Kräuterlikör auch für die Jagdgemeinschaft entwickelt. Ein Element, das bis in die Gegenwart Bestand hat: Auch heute noch wird Jägermeister v.a. in der Gemeinschaft und zu besonderen Momenten getrunken. Das kann ein Event sein, ein Musikfestival oder ein Abend mit Freunden an der Bar. Diese Gemeinschaft ist der verbindende Wert und wird mit dem Claim stärker in den Mittelpunkt gestellt. Damit bekennen wir uns ganz klar zu unseren Wurzeln – von der Hubertus Sage, die unser Markenzeichen geprägt hat, über den kantigen Markencharakter bis hin zur Rezeptur.

Jägermeister ist inzwischen in knapp 130 Ländern präsent, darunter die USA, Großbritannien, Spanien und Italien. Wie unterscheidet sich die Vermarktung in den einzelnen Märkten?

Jürgen Zimmer: Neben allen kulturellen Unterschieden bestimmen v.a. die unterschiedlichen Reifegrade der Länder die jeweiligen Maßnahmen. Beim Eintritt in neue Märkte sind wir z.B. sehr schrill und laut unterwegs, dazu gehört auch der verstärkte Einsatz unserer Jägerettes, die in Bars und Discotheken Jägermeister-Shots und Hawaiiketten verteilen. Dagegen müssen wir in gesättigten Märkten mit immer neuen Aktionen punkten – sei es auf Events, auf Festivals oder im Handel.

Seit mehr als 20 Jahren gibt es den Jägermeister-Fanshop. Welche Rolle spielt diese Plattform für die Marke?

Jürgen Zimmer: Vor Jahren gab es mit Wildshopping sogar ein eigenes Fernsehformat für den Shop. Über die darüber generierten Umsätze können wir bis heute nur mit den Ohren schlackern. Inzwischen betonen wir statt des schrillen Partyimages jedoch stärker den Premiumfaktor und müssen uns in diesem Zusammenhang natürlich auch überlegen, was das für das Angebot in unserem Fanshop bedeutet. Aktuell sind wir in der Phase der Repositionierung, stellen Geschäftsmodelle und Sortimentsgestaltungen auf den Prüfstand. Im Prinzip geht es um die Frage, was der Qualitätsanspruch, die „Premiumisierung“ der Marke, für das Partysegment heißen kann. Dabei sind solche Dinge wie die Hawaiikette jedem Marketingverantwortlichen ein Dorn im Auge. Gleichwohl spricht hier auch die Macht des Faktischen: Die Ketten sind einfach unglaublich beliebt.

Die Trinkempfehlung, mit der sich die Marke maßgeblich von anderen Spirituosen unterscheidet, lautet: Am besten bei -18 °C genießen. Wird dieses Produktversprechen auch haptisch genutzt bzw. übersetzt?

Jürgen Zimmer: Wir haben hier ein Alleinstellungsmerkmal, das wir in viele Richtungen penetrieren. Ein gutes Beispiel sind unsere legendären Tap Machines: Mit der Zapfmaschine ist es uns gelungen, den Jägermeister aus dem dunklen Eisschrank zu holen und für den Gast gut sichtbar, eiskalt gekühlt, auf der Theke zu platzieren. Ein anderes Beispiel, das Jägermeister Coolpack, kommt aus dem klassischen POS-Bereich. Es kombiniert die Jägermeisterflasche mit der typischen Form eines Coolpacks und macht die Botschaft so unmittelbar evident. Ursprünglich handelte es sich dabei um eine Werbeartikelidee aus einem Kreativitätsworkshop, die dann aber für das Packaging genutzt wurde. Haptische Werbeträger stecken in diesem Kontext noch in der Pipeline, werden aber kommen.

Jaegermeister Lichtung EdekaWF 14 - „Innovation ist für uns eine Mission“

Gegenständliche Werbeträger können an vielen Marketingdisziplinen andocken. Manchmal sind sie nur schmückendes Beiwerk, manchmal Solitär. Wie würden Sie den Stellenwert bei Jägermeister beschreiben?

Jürgen Zimmer: Alleine dass es eine eigene Abteilung dafür gibt, sagt einiges über den Stellenwert aus. In der Regel hat man eine Einkaufsabteilung, die sich um den Marketingeinkauf und damit auch um Werbeartikel kümmert. Oder es gibt eine Entwicklungsabteilung, die neben vielem anderen auch Werbeartikel gestaltet. Bei uns ist alles gebündelt: Wir sind eine Beschaffungsabteilung mit einer großen Entwicklungsaufgabe, die zudem im internationalen Marketing angesiedelt ist. Das ist schon außergewöhnlich.

Für die Konsumentenansprache wählt Jägermeister gerne den direkten und persönlichen Weg. Zu beliebten Revieren zählen Festivals und die Gastronomie – klassische Spielfelder auch für haptische Werbung. Was setzt Jägermeister hier ein?

Jürgen Zimmer: Das sind die Orte, an denen die Marke entsteht, an denen es zum ersten Mal zu einem Produkterlebnis kommt, und insofern liegen hier unsere Schwerpunkte. Das fängt an mit exklusiven Werbeartikeln für Barkeeper, bei denen die Funktion im Vordergrund steht und das Branding oftmals zurücktritt. Dazu zählen z.B. Echtleder-Geldbörsen, Schürzen und Barmatten. Und es reicht über Gummistiefel, Regencapes und Zelte als Merchandising- und Verlosungsartikel auf Festivals bis hin zu Giveaways wie Regenhüten, leuchtenden Buttons oder Hawaiiketten, die jährlich millionenfach verteilt werden.

Ein weiterer wichtiger Bereich, v.a. für Spirituosenhersteller, ist das Trade Marketing. Welche Akzente setzen Sie hier?

Jürgen Zimmer: Werbeartikel sind natürlich ein wichtiges Tool, um Impulseinkäufe auszulösen. Und je kreativer und innovativer der Vermarktungsansatz ist, desto besser lässt sich mit den Handelspartnern zusammenarbeiten. Etwas Besonders war im vergangenen Jahr z.B. unsere Aktion mit Passivlautsprecher aus Holz. Da das Onpack etwas über den sonst üblichen 1,00 bis 1,20 Euro lag, wurde dafür erstmals in der Geschichte von Jägermeister eine Zweiflaschen-Promotion umgesetzt, die sich als sehr erfolgreich erwies. In dem Lautsprecher verdichtet sich vieles, wofür die Marke steht: Mit dem Material Holz bewegen wir uns in unserem natürlichen Universum Wald. Gleichzeitig präsentieren wir uns mit dem Gadget für das Handy modern und innovativ. Und auch die Musik gehört zur unserer Markenwelt.

Welche Produkte befördern darüber hinaus den Absatz, und in welchen Dimensionen bewegen sich die Stückzahlen in diesem Bereich?

Jürgen Zimmer: Gläser gehen immer, auch Flachmänner, Hirschkopfausgießer und Edelstahlbecher. Im Prinzip funktioniert am POS alles, was den Shot-Konsum von Jägermeister unterstützt. Dabei bewegen sich die Stückzahlen bei Onpack-Aktionen im sechsstelligen Bereich, im US-amerikanischen Markt auch schon einmal im siebenstelligen Bereich. Ein weiterer wichtiger Absatzmarkt sind die Duty-free-Shops. Das ist quasi das Schaufenster der Marke, in dem wir uns haptisch austoben und über andere Flaschengrößen ein bisschen kreativer agieren können. Da wir uns hier im unmittelbaren Wettbewerb mit anderen hochwertigen Spirituosenmarken befinden, müssen die Werbeträger eine große Wertigkeit transportieren. Sehr erfolgreich sind wir z.B. mit unterschiedlichen Metallboxen in der typischen Jägermeister-Flaschenform. 

Welche Absatzsteigerungen kann man mit Handelsaktionen erzielen?

Jürgen Zimmer: Das Minimum liegt bei einer Absatzsteigerung von 50 bis 60%. Mit einem sehr gelungenen Produkt ist es möglich, bis zu 100% zu erzielen. Das ist einer der wirklich großen Vorteile von Onpacks: Man kann ihren Erfolg messen. Für ein abgesichertes Bauchgefühl lassen wir die Wirkung der Werbeartikel vorab mittels Marktforschung testen.

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Absatzbeschleuniger am POS: Je markenspezifischer die Zugaben ausfallen, desto größer ist ihr Erfolg.

Von welchen generellen Überlegungen lassen Sie sich bei der Auswahl Ihrer Werbebotschafter leiten?

Jürgen Zimmer: Je markenspezifischer ein Produkt aufgestellt ist, desto erfolgreicher ist es auch. Aus diesem Grund versuchen wir Werbeartikel zu entwickeln, die nur wir einsetzen können. Der Hirschkopfausgießer ist dafür ein gutes Beispiel: Auf den ersten Blick lässt sich erkennen, dass der Artikel von Jägermeister stammt. Darüber hinaus müssen wir natürlich den Qualitätsanspruch unseres Produkts auch auf die haptische Werbung übertragen – und dabei nicht selten den Spagat zwischen Preis und Qualität bewältigen. Ebenfalls immer wichtiger wird der Nachhaltigkeitsgedanke, dem es letztendlich auch geschuldet ist, dass wir einige Produktionen wieder nach Deutschland geholt haben.

Wie viele Werbeartikel setzen Sie weltweit ein?

Jürgen Zimmer: Rund 1.000 Produkte. Das ist für eine Monomarke schon ein mächtiges Sortiment. Es zeigt aber auch den Stellenwert, den sie im Unternehmen haben – sowohl beim Brand Selling als auch beim Brand Building. Haptische Werbung liefert den Empfängern immer einen Primärnutzen, transportiert beiläufig jedoch auch eine Werbebotschaft oder ein Image. Und genau diese Kombination sorgt für hohe Akzeptanz- und Sympathiewerte. Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied zu anderen Werbemaßnahmen. Ebenso wie ihre Verweildauer: Aus Umfragen wissen wir, dass Werbeartikel mindestens ein Jahr lang in den Haushalten verbleiben – und zu dieser Zeit auch noch Zusatzkontakte generieren. Wenn man das alles addiert, zeigt sich, welch hocheffizientes und kostengünstiges Marketinginstrument haptische Werbung ist.

// Mit Jürgen Zimmer sprach Andrea Bothe.

Bildquelle: Mast-Jägermeister

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