Wasser ist noch vor Bier das favorisierte Erfrischungsgetränk der Deutschen: 144 l werden pro Kopf und Jahr konsumiert. Millionen von Haushalten greifen dabei schon heute zu einem Sodastream-Wassersprudler, so das Unternehmen. Die Marke will jedoch mehr. Julian Hessel, Marketing Direktor von Sodastream Deutschland und Österreich, über den konsequenten Kampf gegen Einwegplastikflaschen, illustre Mitstreiter und kluge Kampagnen, die bisweilen auch haptisch die Markenwerte transportieren.

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Herr Hessel, Sodastream ist weltweit der führende Wassersprudlerhersteller, seit 2018 Teil der Pepsico und dank groß angelegter Kampagnen in vieler Munde – welche Argumente hat die Marke auf ihrer Seite?

Julian Hessel: Unser Produkt spielt im Alltag aus ganz unterschiedlichen Gründen eine relevante Rolle. Convenience ist ein entscheidender Faktor: Wer einen Sprudler hat, muss keine schweren Wasserkästen und Sixpacks mehr schleppen. Auch der Umweltgedanke gewinnt zunehmend an Bedeutung, immer mehr Menschen wollen Plastikmüll vermeiden. Allein 2019 wurden mit unseren Wassersprudlern weltweit rund 5 Mrd. Einwegplastikflaschen eingespart.

Ihr Unternehmen ist in 46 Märkten präsent. Gibt es bei der Kommunikationsstrategie regionale Unterschiede?

Julian Hessel: Deutschland ist für Sodastream der weltweit größte und wichtigste Markt. Hier spielen beide Insights, Convenience und Nachhaltigkeit, eine wichtige Rolle. Hinzu kommt die Verfügbarkeit, die während der Corona- Pandemie und dem damit verbundenen Trend zum One-Stop-Shopping noch einmal an Relevanz gewonnen hat – denn mit einem Sodastream-Wassersprudler und dem dazugehörigen Kohlensäurezylinder können bis zu 60 Liter Leitungswasser ganz einfach in sprudelnde Getränke verwandelt werden. In anderen Ländern sind die Kaufgründe ganz anders gewichtet. In Japan etwa trinkt man Sprudelwasser z.B. gerne zum Whiskey oder nutzt es zum Kochen von Reis – entsprechend ist auch die TV-Werbung dort angelegt. Während in Ländern wie den USA oder Kanada die große Auswahl an Sirupsorten ein entscheidendes Kaufargument ist.

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Julian Hessel
Jahrgang 1982, ist Mediengestalter und staatlich geprüfter Kommunikationsökonom. Nach Stationen bei der Agenturgruppe Absatz und dem Logistikdienstleister Samedaylogistics wechselte er Anfang 2017 als Marketingmanager zu Sodastream, wo er inzwischen als Marketing Direktor Deutschland und Österreich verantwortet.

Schon vor Jahren hat sich Sodastream als Vorkämpfer für den Umweltschutz und gegen Einwegplastikmüll positioniert. Was muss man als Marke tun, damit so etwas glaubwürdig gelingt?

Julian Hessel: Zusammen mit unserem Markenbotschafter Hannes Jaenicke setzen wir uns schon seit Jahren erfolgreich für die Umwelt und gegen Einwegplastikmüll ein. Dabei zeigt unsere Marktforschung, dass sich dieses konsequente Engagement auch in den entsprechenden, regelmäßig erhobenen Imagewerten niederschlägt. Trotzdem lässt sich das Thema Nachhaltigkeit natürlich nicht rein kommunikativ lösen. Der deutsche Konsument ist sehr kritisch und stellt viele Fragen. Unsere Maßnahmen müssen also auf Fakten basieren und glaubwürdig sein, sonst funktionieren sie nicht.

Mit welchen konkreten Aktionen positionieren Sie sich im Kampf gegen Einwegflaschen?

Julian Hessel: Für viel Aufmerksamkeit sorgt immer wieder unser Mahnmal „Sunken World“, ein 300 qm großer Plastikteppich aus Einwegplastikflaschen, in dem ein drei Meter großer Globus versinkt. Zusammen mit Hannes Jaenicke sind wir damit 2018 vor den Berliner Reichstag gezogen und haben auf die Vermüllung unserer Welt aufmerksam gemacht. Ein Jahr später waren wir mit der „Sunken World“ zur R20-Klimakonferenz direkt vor der Wiener Hofburg präsent. Dort haben wir uns gemeinsam mit Arnold Schwarzenegger vor den Augen von Konsumenten sowie Vertretern aus Politik und Wirtschaft gegen Einwegplastikmüll stark gemacht. Die Botschaft ist dabei ganz klar: Wir müssen jetzt handeln! Allein in Deutschland verbrauchen wir jedes Jahr 17,4 Mrd. Einwegplastikflaschen. Mit umweltfreundlichen Lösungen wie einem Wassersprudler ließe sich das deutlich reduzieren. Entsprechend lautet unser Ziel: Bis 2025 wollen wir weltweit 67 Mrd. Einwegplastikflaschen einsparen.

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Das ging viral: Game of Thrones-Stars Kristian Nairn (l) alias „Hodor“, Hannah Waddingham alias „Septa“ und Thor Bjornsson alias „The Mountain“ sagen „Goodbye Plastic Bottles“.

Wird Ihr Engagement gegen Einwegplastikflaschen noch von anderen Maßnahmen kommunikativ begleitet?

Julian Hessel: Im Rahmen unserer Kampagne „Goodbye Plastic Bottles“ haben wir 2017 Einwegplastikflaschen mit Warnhinweisen und Schockbildern versehen und diese an Passanten und Meinungsführer verteilt. Die ganze Aktion hat für viel Furore gesorgt und sehr eindrücklich die Auswirkungen von Einwegplastikflaschenmüll auf die Umwelt deutlich gemacht.

Haben Sie belastbares Datenmaterial, ob Nachhaltigkeit nicht nur auf das Image einzahlt, sondern auch den Abverkauf fördert?

Julian Hessel: Dank unserer Marktforschung wissen wir, dass dieses Kaufargument in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen hat, auch wenn es bislang noch nicht das stärkste ist. Entsprechend fahren wir auch mit unserer Selling-Line zweigleisig: „Gut für mich, gut für die Umwelt“. Generell gilt übrigens für all unsere Marketingmaßnahmen, dass wir uns nicht davon leiten lassen, was wir für richtig halten. Für uns sind die Konsumenten der Schlüssel zum Erfolg, mit ihnen setzen wir uns zusammen und hören sehr gut zu.

In den vergangenen Jahren ist Sodastream in Deutschland stets zweistellig gewachsen und gehört laut Nielsen seit 2020 offiziell zur Spitzengruppe der deutschen Werbungtreibenden. Was tun Sie, um Ihre Zielgruppen auch abseits der Umweltkampagnen zu erreichen?

Julian Hessel: Wir spielen die gesamte Klaviatur des Marketings: Awareness kreieren wir am effektivsten über TV-Spots, digitale Kampagnen und PR-Aktionen. Da wir ein sehr erklärungsbedürftiges Produkt haben, stoßen wir in der Entscheidungsphase möglichst viele Produkttests an und liefern Antworten auf noch offene Fragen. Und am Point of Sale liegt der Fokus dann auf dem Look-and-feel der Marke. Um in all diesen Phasen möglichst nah am Kunden zu sein, werten wir mehrfach im Jahr die Mediennutzung aus und analysieren, wie wir mit unseren Botschaften und Zielen entlang der Consumer Journey am besten für unser Produkt werben können.

Zusammen mit Pepsico haben Sie im vergangenen Jahr eine Sirup-Range gelauncht, darunter Pepsi, 7Up und Mirinda, prominent beworben von Fußball-Superstar Lionel Messi. Planen Sie nicht nur den Wasser-, sondern auch den Softdrink-Markt umzukrempeln?

Julian Hessel: Wir sehen uns als eine Art Airbnb der Getränkebranche, wollen mit neuen Lösungen den gesamten Markt revolutionieren. Mit den PepsiCo Sirups haben wir die Vorteile des Selbstsprudelns zu Hause nun auch auf den Massenmarkt der Softdrinks übertragen. Weniger Schleppen, Vermeidung von Einwegplastikmüll und voller Genuss. Der Launch der PepsiCo-Sirups war sehr erfolgreich – die Produkte haben zu einem regelrechten Nachfrageboom nach Sodastream geführt, unser gesamtes Geschäft massiv gesteigert und auf ein neues Level gehoben. Das Potenzial ist aber immer noch riesig: Wir sind davon überzeugt, dass sich Wassersprudler, langfristig gesehen – genau wie Toaster oder Kaffeemaschinen –, zu einem festen Bestandteil in jeder Küche etablieren werden.

Sodastream wirbt breit und sehr kreativ. Einerseits mit klassischen TV-Spots, anderseits mit sehr abgefahrenen Aktionen – gemeinsam mit Hip-Hop-Legende Snoop Dogg, Altrocker Rod Stewart oder Game-of-Thrones-Stars wie Thor Bjornsson, die sich in Spots wie „Heavy Bubbles“, „Homo Schleppiens“ oder „Walk of Shame“ als kompromisslose Gegner von Einwegplastikflaschen outen. Auf welche Ziele zahlen diese Kampagnen ein?

Julian Hessel: Bei den Spots geht es darum, auf eine witzige Art und Weise wachzurütteln und für Lautstärke zu sorgen. Das ist heutzutage gar nicht mehr so einfach. Und mit einer gewissen Originalität und dem Einsatz der richtigen, manchmal auch überraschenden Fürsprecher gelingt es uns immer wieder, weltweit Millionen von Menschen zu erreichen. Letztlich ist es Storytelling. Die Spots zahlen auf unser Image und unsere Markenbekanntheit ein. Allein in den vergangenen drei Jahren haben wir sieben Prozentpunkte dazugewonnen und liegen jetzt bei einer gestützten Markenbekanntheit von 83%.

Haptische Werbung kann bei vielen Marketingdisziplinen mitgedacht werden. Wann denkt Sodastream über das Tool nach?

Julian Hessel: Wir nutzen oft konkrete Anlässe wie etwa den Pride Month für eine klare Positionierung unserer Werte. Diversity ist für Sodastream seit vielen Jahren ein zentrales Thema, das wir leben und unterstützen. In diesem Rahmen kommen auch gegenständliche Werbeträger zum Einsatz, zuletzt eine limitierte Flaschenedition in den charakteristischen Regenbogenfarben, deren gesamten Erlös wir an die ILGA World, den weltweiten Dachverband der Lesben-, Schwulen-, Bisexuellen-, Trans- und Intersexorganisationen, gespendet haben. Eine weitere sehr gelungene Aktion mit großem PR-Effekt waren unsere Flaschen-Hüte, die wir anlässlich der Hochzeit von Prinz Harry und Meghan Markle angefertigt und versteigert haben. Die gesamte Miniaturhüte-Serie wurde im 3D-Druck gefertigt und ist recycelbar. Dabei hat uns der Run auf die Hüte einmal mehr gezeigt, welche Begehrlichkeiten solche Sonderanfertigungen auslösen können. Auch im Rahmen unserer #goodbyeplasticbottles-Kampagne haben wir schon verschiedene Werbeträger wie z.B. T-Shirts, Rucksäcke oder Strandtücher eingesetzt. Dabei tritt die Marke bei solchen Produkten natürlich in den Hintergrund und überlässt der Botschaft das Feld. Auch das ist etwas, was immer wieder gut funktioniert.

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Schlepp-Meisterschaft 2020: Rund 800 Teilnehmer, darunter auch Prominente wie die Moderatorin Nazan Eckes, nahmen 2020 am Virtual Run teil und setzten so nicht nur ein Zeichen für die Umwelt, sondern „erschleppten“ auch Spendengelder für OceanCare.

Welche Kriterien müssen solche Artikel erfüllen?

Julian Hessel: Da wir uns für den Umweltschutz stark machen, gilt dieser Anspruch natürlich auch für unsere haptischen Werbeträger. So haben wir etwa bei unserer letzten Schlepp-Meisterschaft im Starter-Kit zwei umweltfreundliche Beutel zum Befüllen mit Gewichten eingesetzt. Darüber hinaus muss haptische Werbung zu unserer Strategie passen und unsere relevanten Markenvorteile vermitteln. Ein gutes Beispiel dafür sind unsere Flaschen, die wir seit Jahren als Sondereditionen auflegen. Sie sind nicht nur Markenbotschafter, sondern transportieren auch unsere Werte. Im Prinzip geht es bei all unseren Maßnahmen immer um zwei Fragen: Wie lässt sich die Praktikabilität unseres Wassersprudlers demonstrieren, im besten Falle sogar dramatisieren, und wie das Thema Nachhaltigkeit transportieren.

// Mit Julian Hessel sprach Andrea Bothe.

Bildquelle: Sodastream (9); Sodastream/Canay Yspsilon/BU Management (1); Sodastream/Oliver Roesler (1)

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