Die österreichische Bootswerft Frauscher steht für exklusive Elektro- und Motorboote mit starkem Designfokus. Florian Helmberger, Head of Sales & Marketing, über Family Spirit als USP, Spidermans Flucht in einer 747 Mirage und brand-heiße Werbeträger.

h20 fauscher slider - „Wir fischen nicht nur im Pool der Bootseigner“

Herr Helmberger, vielen Wirtschaftsbereichen hat die Pandemie stark zugesetzt, andere wie z.B. die Caravaning-Branche freuen sich über die sogar noch sprunghaft angestiegene Nachfrage. Wie ist es der europäischen Bootsindustrie bislang ergangen?

Florian Helmberger: Auch in unserer Branche läuft es gut. Bei allen Werften herrscht eine recht positive Grundstimmung – egal ob sie Motorboote, Segelboote oder größere Yachten bauen. Zu der Wahrheit gehört aber auch, dass der Bootsmarkt in der Wirtschaftskrise 2008 einer der am stärksten betroffenen Märkte war. Viele Großwerften wie etwa Bavaria in Deutschland, die Bénéteau-Gruppe in Frankreich oder Sunseeker in England konnten erst 2016/2017 wieder an ihr Niveau vor der Wirtschaftskrise anknüpfen. Momentan gibt es im Yachtbereich vor allem zwei sehr wachstumsstarke Segmente: der asiatische Markt mit einer stark wachsenden Oberschicht z.B. in China und das Charterbusiness in Ländern wie Kroatien, Griechenland oder Spanien. Dagegen tut sich im europäischen Privatkundensegment nur wenig. Bei Frauscher ist das jedoch anders: Entgegen den Signalen des Marktes haben wir mit unseren Booten eine eigene Nische kreiert. Und das Geld ist in unserem Segment nicht das Problem – zumal volatile Märkte und negative Zinsen eine gewisse Flucht in Sachwerte befördern.

Frauscher hat sich in der Motorbootszene einen Namen gemacht. Wie ist die Marke positioniert?

Florian Helmberger: Wir stehen für einen hohen Designanspruch und vereinen klassisches Craftmanship mit innovativen Technologien. Das fällt ins Auge. Darüber hinaus sind wir ein inhabergeführtes Familienunternehmen, das in Österreich produziert und eine sehr lokale Zulieferstruktur hat. Sehr viele Werften wechseln immer wieder den Besitzer, bei uns schätzt man den Family Spirit und die Stabilität: Seit mehr als 90 Jahren sitzt bei Frauscher dieselbe Familie am Ruder. Dem tragen wir auch im Vertrieb Rechnung: Während Werften und Händler im Markt normalerweise sehr getrennt agieren, können Kunden mit Frauscher jederzeit in Kontakt treten. Das schafft einen engen Bezug und ist sicherlich einer unserer USPs – auch gegenüber anderen Premiummarken in unserem Segment.

Florian Helmberger 2 - „Wir fischen nicht nur im Pool der Bootseigner“
Florian Helmberger
Jahrgang 1987, studierte an der FH Steyr Marketing & E-Business. Nach Stationen in der Automobil- und Softwarebranche wechselte er 2010 zu Frauscher in den Vertrieb. Seit 2012 ist Helmberger bei der Bootswerft in Ohlsdorf Head of Sales & Marketing, seit 2017 auch Partner im Unternehmen.

2012 hat Frauscher sein letztes Segelboot gebaut und setzt seither auf Elektro- und Motorboote. Ist das eine generelle Entwicklung in der Branche?

Florian Helmberger: Motorboote liegen eindeutig im Trend. Das kann man am Angebot der Werften ablesen, an den Hallenbelegungen der Messen, und das spiegeln uns auch Kunden wider. Dahinter steht der Trend zu mehr Convenience und Komfort. Viele unserer Kunden sind beruflich sehr eingespannt, 24/7 erreichbar, da möchten sie in ihrer Freizeit nicht erst aufriggen und auf Wind warten, sondern einfach nur ins Boot steigen und den Schlüssel umdrehen.

Ihre Bootswerft gilt als Trendsetter. Welchen Trends tragen Sie bei der Entwicklung Ihrer Modelle Rechnung? Welche Features werden verstärkt nachgefragt?

Florian Helmberger: Convenience spielt auch in anderen Bereichen eine wichtige Rolle: Anspruchsvollere Manöver wie etwa das Ablegen oder Anlegen im Hafen werden durch technische Systeme erleichtert. So wie es im Auto Einparkhilfen und Rückfahrkameras gibt, werden Boote inzwischen serienmäßig mit Joystick-Steuerung und Bugstrahlruder ausgestattet. Diese Technik war früher nur den ganz großen Yachten vorbehalten. Weitere Trends sind natürlich Digitalisierung und Vernetzung. Über Multifunktionsdisplays lassen sich z.B. Playlists abspielen oder unterschiedliche Beleuchtungskonzepte an Bord aktivieren. Zudem sind viele Boote mit einer sogenannten Fernwartung ausgestattet, dank derer wir mit Laptop oder Handy im Falle eines Problems auch aus der Distanz schnell eine Diagnose stellen können.

Ein weiterer Megatrend, der inzwischen auch in der Automobilindustrie stärker in den Fokus rückt, ist das Thema Nachhaltigkeit. Wie sieht es damit in Ihrer Branche aus?

Florian Helmberger: Frauscher bietet Elektroantriebe schon recht lange und auch sehr erfolgreich an. Das war zunächst den Anforderungen des Marktes geschuldet, da es in vielen europäischen Revieren, den sogenannten Green Lakes, starke Einschränkungen bzw. Verbote für Verbrennungsmotoren gibt. International haben unsere Elektroantriebe lange Zeit niemanden interessiert. Vor allem US-amerikanische Kunden haben das eher als Kuriosum betrachtet. Inzwischen ist das Interesse jedoch groß, u.a. gibt es sehr viele Anfragen von Superyachten, die ihre Tender damit ausstatten wollen. Doch auch hier stößt die Technik ähnlich wie in der Automobilbranche an ihre Grenzen. Bei langen Distanzen und auf dem Meer geht die Rechnung im Moment leider oft noch nicht auf. Aber Frauscher entwickelt weiter sehr stark in diese Richtung und wird das Thema nachhaltige Mobilität auf dem Wasser in Zukunft noch stärker besetzen.

1414 Demon Port Adriano interior 6 - „Wir fischen nicht nur im Pool der Bootseigner“

Produktion offen - „Wir fischen nicht nur im Pool der Bootseigner“

Welche Zielgruppe hat Frauscher im Blick? Und wie lässt sie sich grob skizzieren?

Florian Helmberger: Unser Heimatmarkt ist Europa. Rund 50% unserer Kunden kommen aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz, gefolgt von Russland, Frankreich, den USA, Italien und Polen. Die Person, die den Kaufvertrag unterzeichnet, ist meist männlich, zwischen 40 und 55 Jahre alt und in den allermeisten Fällen selbständig tätig. Trotzdem sprechen wir lieber von einem Buying Center, da der Kauf eines Bootes fast immer eine Familienentscheidung ist.

War das schon immer so? Oder hat sich hier etwas verändert?

Florian Helmberger: Früher war der Mann der Bootsfahrer, der mal mit der Familie, mal mit Freunden an Bord gegangen ist. Heute wird das Boot viel breiter genutzt: Die Kids fahren Wasserski, die Frau macht mit Freundinnen einen Ausflug. Entsprechend spielen beim Kauf des Bootes auch die Kriterien der gesamten Familie eine Rolle – von der klimatisierten Kabine für den Nachwuchs bis hin zur breiten Badeleiter für die Großeltern. Anders als das vielleicht beim Sportwagen der Fall ist, soll das Boot der ganzen Familie Freude bereiten. Und danach richten wir auch unser Marketing aus: Wir sprechen nicht nur den Käufer an, sondern adressieren alle Familienangehörigen.

Wie würden Sie Ihre Marketingstrategie beschreiben?

Florian Helmberger: Im Fokus steht das Design unserer Boote. Das heißt: Wir bespielen nur Kanäle, in denen wir sichtbar sind. Damit sind Disziplinen wie z.B. Sportsponsoring für uns uninteressant. Wenn wir für Marketingmaßnahmen Geld in die Hand nehmen, dann wollen wir potenziellen Kunden unsere Produkte zeigen – und im Idealfall sollten sie die Boote auch anfassen und betreten können. Denn das ist der Moment, in dem Emotionen entstehen.

Welche Touchpoints steuern Sie dabei bevorzugt an?

Florian Helmberger: Auf der einen Seite ist das die klassische Bootswelt mit ihren Medien und Messen. So haben wir z.B. auf der boot in Düsseldorf bisweilen 10 bis 15% unseres Jahresumsatzes akquiriert. Weitere relevante Absatzmärkte sind für uns die Austrian Boat Show, das Yachting Festival in Cannes und die Miami Yacht Show. Doch wir fischen nicht nur im Pool der Bootseigner. Wir sprechen auch Kunden an, die vielleicht noch nie über den Kauf eines Bootes nachgedacht haben. Dafür setzen wir u.a. auf Kooperationsveranstaltungen mit Sportwagenclubs, auf denen die Mitglieder dann nicht nur den neuesten McLaren, sondern auch das neueste Frauscher-Boot Probe fahren können.

FullSizeRender - „Wir fischen nicht nur im Pool der Bootseigner“Darüber hinaus macht Frauscher immer wieder mit ausgefallenen Marketingaktionen auf sich aufmerksam. Mal taucht eine 747 Mirage im Heineken-Spot mit James Bond-Darsteller Daniel Craig auf, mal flüchtet Spiderman damit in Venedig vor dem Bösen. Ebenso kooperiert Frauscher gelegentlich mit Künstlern …

Florian Helmberger: Auch über das Product Placement können wir neue Kunden für unsere Motorboote begeistern. Gleichzeitig wird darüber fast beiläufig unser Premiumanspruch – das Design, die Fahrleistung und die Performance der Produkte – transportiert. Wenn wir für solche Aktionen angefragt werden und der Fit passt, dann machen wir das gerne. Doch dahinter steckt keine Strategie. Bei Kooperationen mit Künstlern wie dem Franzosen Xavier Veilhan, der eines unserer Boote komplett Blau eingefärbt hat, stellen wir unsere Boote quasi als Leinwand zur Verfügung. Und auch diese Aktivitäten zahlen auf unsere Designkompetenz ein.

Welche Rolle spielt haptische Werbung bei Frauscher?

Florian Helmberger: Da wir all unsere Kraft zunächst in die Entwicklung der Boote gesteckt haben, wurde dieses Thema lange Zeit vernachlässigt. Inzwischen ist unsere Marke jedoch sehr stark, und die Kunden verlangen geradezu danach, ihre Boote mit gebrandeten Produkten auszustatten. Das geht so weit, dass sie bei uns das Frauscher-Logo anfragen, um es dann in Eigenregie auf Handtücher und T-Shirts sticken zu lassen.

Inzwischen bietet Frauscher nicht nur stationär im Hafen-Shop, sondern auch online Merchandisingartikel an. Welche Produkte passen zur Marke?

Florian Helmberger: Zu unseren Bestsellern gehören die Frauscher-Sporttasche und das -Badetuch. Sehr beliebt sind außerdem unsere bruchsicheren Kelche für Champagner, Wein oder Wasser. Auch diese Idee wurde von einem Kunden an uns herangetragen, nachdem er die Gefäße bei einer Gastropromotion von Moët & Chandon gesehen hatte. Ferner bieten wir zusätzliche Kundenindividualisierungen an: So lassen sich die Fenderüberzieher nicht nur mit dem Frauscher-Logo, sondern auch mit dem Namen des Bootes veredeln. Ebenso können wir die Überzieher statt in Standardschwarz in der Boots- oder Polsterfarbe produziert.

Ihre Marke steht für Luxusboote. Welchen Kriterien müssen Ihre Merchandisingartikel gerecht werden?

Florian Helmberger: Bei der Qualität bewegen wir uns in einem Spannungsfeld. Auf der einen Seite sind wir als Premiummarke einem sehr hohen Qualitätsanspruch verpflichtet. Auf der anderen Seite müssen die Artikel bezahlbar bleiben, damit wir sie als Zugaben einsetzen können. Hier gilt es also einen Mittelweg zu finden. Unser Logo fällt dabei meist recht großflächig aus, in dezenten Farben, aber auffällig wie ein Autologo – mit hohem Wiedererkennungswert.

Was sind klassische Gelegenheiten, zu denen Sie gegenständliche Werbeträger abseits des Merchandisings einsetzen?

Florian Helmberger: Wenn Familien zu uns kommen, gebe ich den Kindern gerne unser Siku-Spielzeugmodell mit. Die von einem Truck transportierte Mirage 747 kostet nicht die Welt, ist aber eine schöne Geste und sorgt dafür, dass uns die Kinder in besserer Erinnerung behalten als andere Marktbegleiter. Bei der Auslieferung der Boote bringen wir immer eine gebrandete Standardausstattung mit, darunter Handtücher, Fenderüberzieher und schwimmende Schlüsselanhänger. Auch für die Übergabe der zahlreichen Dokumentationen – klassische Handbücher unserer Modelle sowie aller Fremdkomponenten wie z.B. Kühlschrank, Radio oder Kartenplotter – haben wir uns etwas Besonderes einfallen lassen: Statt die Dokumente in Mappen zu überreichen, die eher an Arbeit als an Freizeitspaß erinnern, packen wir sie in eine stylishe Sporttasche. Das kommt extrem gut an, und viele Kunden fragen sogar nach weiteren Taschen. Genau das ist eine der großen Stärken dieser Werbeform: Wenn der Kunde das Gefühl hat, dass er ein gutes Produkt in den Händen hält und der Nutzenfaktor stimmt, dann wird er gerne zum Werbeträger. Wir haben eine klassische Win-Win-Situation, die es bei vielen anderen Werbeformen nicht gibt.

// Mit Florian Helmberger sprach Andrea Bothe.

Bildquelle: Frauscher

printfriendly pdf email button md - „Wir fischen nicht nur im Pool der Bootseigner“