Geschlechtliche Identität, Religion, körperliche und geistige Fähigkeiten – persönliche, intime Themen, die zur öffentlichen Debatte werden, wenn es um Inklusion aller gesellschaftlichen Gruppen geht. Unternehmen können sich in dieser Debatte entscheidend einbringen und so z.B. als zukünftiger Arbeitgeber selbst positiv positionieren. Kreative, inspirierende und emotionalisierende Unterstützung liefern haptische Kampagnen mit Diversity-Faktor – von Buntstiften für jeden Hautton über regenbogenfarbene Legofiguren bis hin zum Würfel, der die Facetten der Vielfalt buchstäblich begreifbar macht.

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Weiß, blond, blauäugig, mit 99-46-84 menschlich nahezu unmöglich proportioniert und üblicherweise mit Klamotten oder ihrem Freund Ken beschäftigt – die klassische Barbie-Puppe ist so divers wie Waschmaschinenwerbung aus den 1950ern. Noch Anfang der 2000er hätte wohl niemand damit gerechnet, dass sich die Puppe aus ihrem rosafarbenen Traumhaus herauswagen und zum Vorbild in Sachen Vielfalt mausern könnte. Und doch passiert seit ein paar Jahren genau das: U.a. mit der Barbie Fashionistas-Serie zeigt Hersteller Mattel seit 2018, dass der Klassiker fürs Kinderzimmer in diversen Hautfarben, Kleidergrößen und mit körperlichen Beeinträchtigungen auftreten kann – und sollte. „Von den zehn meistverkauften Puppen waren sieben divers – einschließlich der Rollstuhl-Puppe“, heißt es seitens des amerikanischen Konzerns in einem Statement aus dem Jahr 2020. „Unser Engagement, die Welt besser widerzuspiegeln, regt Gespräche und Diskussionen kontinuierlich an und sorgt für Aufmerksamkeit“, so Lisa McKnight, Senior Vice President von Mattel.

Eine Barbie zu finden, die sie widerspiegelt, ist für Tijen Onaran nicht weiter schwer: Die 37-jährige Unternehmerin aus Karlsruhe erhielt zum Internationalen Weltfrauentag am 8. März 2022 ihre eigene, nach ihrem Vorbild gestaltete Barbie und ist neben Angela Merkel und Olympiasiegern Kristina Vogel die dritte Deutsche, der diese Ehre zuteilwird. „Jedes Jahr zeichnet Mattel Vorbilder für die nächste Generation weiblicher Führungskräfte aus. Ich konnte es kaum glauben, als sie dieses Jahr auf mich zukamen“, so Onaran. International findet sich die Unternehmerin und Investorin mit türkischen Eltern und Gründerin der Diversity-Strategieberatung ACI mit ihrer Trophäe in bester Gesellschaft berühmter, engagierter Frauen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Sport, Politik und Kultur – wie etwa der italienischen ESA-Astronautin Samantha Cristoforetti oder Shonda Rhimes, der amerikanischen Macherin der Erfolgsserie Bridgerton. Frauen mit herausragenden Persönlichkeiten, Talenten und Karrieren. Frauen, die eben nicht dem klassischen Barbie-Klischee entsprechen und trotzdem – oder gerade deshalb – als Vorbilder, Barbie Role Models, mit einer eigens als Einzelstück produzierten Puppe gewürdigt werden.

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Bringt Diversity im Namen der Deutschen Bahn aufmerksamkeitsstark auf die Schiene: Der railbow ICE #Einziganders.

Bei Lego baut man ebenfalls auf Vorbilder, die Vielfalt repräsentieren: Das dänische Unternehmen ist einer der umsatzstärksten Spielwarenhersteller weltweit (7,4 Mrd. Euro Umsatz in 2020 laut Statista) und zeigt sein Diversity-Engagement – neben geförderter Inklusion und Repräsentation aller gesellschaftlichen Gruppen auf allen Unternehmensebenen – auch produktseitig. Lego-Sets mit Strahlkraft sind u.a. das Merchandising-Sammlerstück zur beliebten Netflix-Serie Queer Eye, deren Protagonisten, die „Fab Five“, als Botschafter für Toleranz auftreten, und das regenbogenfarbene Set Everyone is Awesome. Matthew Ashton, Vice President of Design und selbst Teil der LGBTQIA+-Community, will mit den im Jahr 2021 kreierten Sets ein Zeichen für Liebe und Toleranz setzen: „Die Figuren sollen die Vielfalt der Fans und der Welt um uns herum zelebrieren.“ Dabei orientierte sich Designer Ashton an den Farben der Progress Flag von Daniel Quasar, die das bekannte Regenbogenflaggensymbol um Farbtöne erweitert, die People of Colour und trans Menschen repräsentieren. Für Onaran sind solche Vorbilder „super wichtig. Ohne sichtbare Vielfalt in Produkten und Kampagnen entsteht für viele ansonsten kein Zugehörigkeitsgefühl – man fühlt sich von den Unternehmen schlicht nicht angesprochen.“

Sichtbarkeit als Chance

Wie wenig divers werbende Unternehmen bisher auftreten, obwohl die gesellschaftliche Realität allein in Deutschland ganz anders aussieht, haben jüngst die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Price-waterhouseCoopers (PwC) und die Agentur Grabarz & Partner angeprangert und ihre neue Kooperation für mehr Diversity, Equity & Inclusion (Vielfalt, Gleichstellung und Inklusion) in der Werbewelt angekündigt. Laut den Unternehmen leben in Deutschland rund 19 Mio. Menschen mit Migrationsgeschichte, über 10 Mio. Menschen mit Behinderung, es gebe über 400 religiöse Gemeinschaften, und rund 6 Mio. Deutsche zählten sich zur LGBTQIA+-Community. Große gesellschaftliche Gruppen also, die bisher im Marketing unterrepräsentiert seien. Dabei sind 54% der Verbraucher:innen in Deutschland dafür, dass Unternehmen in ihrer Kommunikation und Werbung auf ein möglichst diverses Gesellschaftsbild achten sollten, wie die YouGov-Studie Diversität im Marketing vom März 2022 besagt. Die Auseinandersetzung mit dem Thema Diversität als Teil der Marken- und Kommunikationsstrategie berge ein großes Potenzial für Unternehmen, sich positiv zu positionieren.

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Die persönliche Role Model Barbie von Tijen Onaran, Gründerin der Diversity-Strategieberatung ACI.

„Allein, dass sich ein Traditionsprodukt wie die klassische Barbie zur Diversity-Botschafterin entwickeln kann, zeigt, dass sich Unternehmen ändern können und müssen. Das ist keine reine Öffentlichkeitsdiskussion, sondern ein Business Case. Unternehmen müssen den Zeitgeist treffen, um nachhaltig und zukunftsorientiert zu wirtschaften. Denn auch abseits von Social Media prägen neue gesellschaftliche Gruppen inzwischen den Diskurs – die diverse Zielgruppe entscheidet“, gibt Onaran zu bedenken. „Mattel verzeichnet so nach einigen verkaufsschwachen Jahren seit 2021 wieder einen starken Zuwachs.“ Ein weiteres prominentes Beispiel für „Diversity sells“ ist der sogenannte „Fenty Effect“: Sängerin und Unternehmerin Rihanna hat mit ihrer eigenen Kosmetikmarke Fenty Beauty im Jahr 2017 Make-up in 40 Hauttönen lanciert und damit offensichtlich einen Nerv getroffen. So berichteten Millionen Frauen in sozialen Medien, dass sie sich endlich angesprochen und repräsentiert fühlten – und verhalfen der Marke bereits in den ersten Wochen zu einem Umsatz von 100 Mio. US-Dollar. Seither sind 40 Hauttöne der neue Standard in der Kosmetikbranche.

Nachwuchs fördern

Die richtige Darstellung von Hauttönen war auch beim Schreibgerätespezialisten Faber-Castell ein wichtiges Thema: Zusammen mit der hauseigenen Kosmetiksparte wurde ein Buntstiftset entwickelt, das u.a. drei Bicolor-Buntstifte mit insgesamt sechs Hautfarben enthält. Die Minen basieren auf echten Makeup-Tönen und verfügen über eine besonders weiche Textur, sodass sich die Farben sehr leicht mischen lassen, um möglichst viele Hautfarben abzubilden und so alle Kinder in ihrer Identität bestärken zu können. Das mit dem Promotional Gift Award 2022 ausgezeichnete Set Children of the World wird von der Deutsche Post DHL Group zu internen und externen Veranstaltungen u.a. in Kooperation mit der Stiftung Lesen eingesetzt.

Ellen Wagner, Anti-Rassismus-Coach und Gründerin der Agentur cross cultural bridges, betont, wie entscheidend Diversity-Produkte bereits im Kindesalter sein können: „Wir besitzen zu Hause verschiedene Figuren mit dunklem Hautton und Afrohaaren ebenso wie ein Stifteset mit allen Hautfarben der Welt, damit sich unser Kind in den Spielsachen wiedererkennt. Das war für mich als Kind der 1980er Jahre kaum bis gar nicht möglich. Allerdings sollte das Engagement zu Diversity und Inklusion nicht nur auf den Produktverkauf beschränkt sein.“

Bei der Deutschen Post DHL Group, die erst 2021 mit dem European Diversity Award, dem Inklusionspreis für die Wirtschaft und dem Total E-Quality-Prädikat für Chancengleichheit ausgezeichnet wurde, mangelt es nicht an Engagement, wie Axel Breme, Vice President Brandmanagement Deutsche Post, hervorhebt: „Mit rund 590.000 Mitarbeitenden einer der größten Arbeitgeber weltweit, sieht es die Deutsche Post DHL Group als Teil ihrer Unternehmensverantwortung, die Chancengerechtigkeit zu fördern. Wir sind davon überzeugt, dass diverse Teams eine wertschaffende Bereicherung sind – für Unternehmen, aber auch für unsere Gesellschaft.“

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Mit Regenbogenfarben u.a. im Eingangsbereich Tausender Filialen präsent und seit Jahren beim Come-Together-Cup – Dem Fußballfest der Vielfalt oder zum Christopher Street Day in puncto Vielfalt engagiert: die Rewe Group.

Als Bereicherung für die Konzernkultur und übergreifendes Querschnittsthema in der Dachstrategie ist Diversität für die Deutsche Bahn ebenso entscheidend – nicht zuletzt beim Fachkräftemangel, wie Susanne Küspert, Leiterin Personalstrategie und Diversity bei der Deutschen Bahn, weiß: „Alle Diversity-Maßnahmen sind in der Konzerninitiative ‚Einziganders.‘ gebündelt, die 2020 ins Leben gerufen wurde. Im Fokus steht die Kultur der Chancengleichheit. Vielfalt ermöglicht es uns auch, alle Potenziale am Arbeitsmarkt zu erschließen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Insgesamt will die Bahn in diesem Jahr mit einer Personaloffensive mindestens 21.000 Einstellungszusagen an neue Mitarbeitende erteilen, dabei ist Diversity unverzichtbar.“

Um auf das Thema visuell aufmerksam zu machen, organisiert die Deutsche Bahn u.a. eine konzernweite Aktionswoche für alle Mitarbeitenden und nutzt haptische Werbung – von Aufklebern, Beachflags und Buttons über Flaggen, Mützen, Poster, Postkarten und Stoffbeutel bis hin zu „Einziganders.“-Tattoos. „Darüber hinaus haben wir in Zusammenarbeit mit dem Carlsen Verlag mit Einsteigen, bitte! Die bunte Welt der Bahnberufe ein eigenes Kinderbuch herausgegeben, das die Karrierevielfalt bei der Bahn thematisiert“, so Küspert. Inhaltlich für Kinder ab sechs Jahren konzipiert und farbenfroh illustriert, zeigt das Buch die unterschiedlichen Berufszweige und Mitarbeitende diverser Hintergründe und positioniert so die Bahn schon bei den Jüngsten als potenziellen Arbeitgeber. Das Buch ist im Bahnshop verfügbar und wurde bereits für interne und externe Gewinnspiele sowie den Bundesweiten Vorlesetag eingesetzt. Eine zukunftsorientierte Businessstrategie, die sich klar auszahlt, bestätigt auch Onaran: „Nur was ich sehen kann, kann ich werden. Es gibt heutzutage so viele Berufe abseits des klassischen Bildungswegs, so viele diverse Berufsbilder. Das eröffnet ganz neue Möglichkeiten. Vielfalt bedeutet auch Karrierevielfalt.“ Doch um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken reicht es nicht aus, Möglichkeiten aufzuzeigen. Durch Sensibilisierung für Diversity-Themen muss die richtige Atmosphäre geschaffen werden, um Mitarbeitende zu finden und zu binden, gibt Wagner zu bedenken: „Natürlich ergeben sich für divers aufgestellte Unternehmen Vorteile, das liegt auf der Hand. Wie gut arbeite ich schließlich als Mitarbeiterin, wenn ich Angst haben und Merkmale meiner Identität verstecken muss? Wenn ich keine Angst vor Diskriminierung habe, kann ich mich auf meine Arbeit konzentrieren und besser performen.“

Sieben Seiten

Die McKinsey-Studie Why diversity matters von 2015 zeigt, dass sich 50% des Fachkräftemangels in Deutschland durch personelle Vielfalt in den Unternehmen abfedern ließe, und die Folgestudie Delivering through diversity aus dem Jahr 2018, für die über 1.000 Unternehmen aus zwölf Ländern verglichen wurden, stellt einen klaren Zusammenhang zwischen Vielfalt und unternehmerischem Erfolg her.

diversity lego - Puppen, die die Welt verändern

Mit der Progress Flag des Künstlers Daniel Quasar als Vorbild setzt Lego beim Set Everyone is Awesome auf Vielfalt und inkludiert auch People of Colour und trans Menschen.

Auch die Studie Diversity Trends 2020 der Charta der Vielfalt kommt zu dem Schluss, dass Vielfalt klare Vorteile für Unternehmen bietet. Die Arbeitgebendeninitiative beruht auf der Selbstverpflichtungserklärung „Charta der Vielfalt“ aus dem Jahr 2006, die inzwischen Tausende Unterzeichnende vorweisen kann – vom börsennotierten Großkonzern über KMU bis hin zu akademischen und sozialen Einrichtungen. „Zudem gibt es den eingetragenen Verein Charta der Vielfalt, der u.a. den Deutschen Diversity-Tag als aufmerksamkeitsstarkes Event organisiert, in diesem Jahr zum zehnten Mal“, erklärt Theresa Graml, Projektleitung Deutscher Diversity- Tag. „Wir informieren zum Themenkomplex und klären Organisationen auf, dass Diversität einen ganzheitlichen Ansatz erfordert – weg von der Frauenbeauftragten hin zur Diversity-Abteilung.“

In seiner Kommunikationsarbeit setzt der Verein zusätzlich zu Studien und Infomaterial für Schulungen auf Werbeartikel, um über die sieben Facetten der Vielfalt aufzuklären. „Neben der #Flagge-FürVielfalt kommen dabei Streuartikel mit Charta der Vielfalt-Branding zum Einsatz, die unsere Botschaften im Arbeitsalltag präsent halten, wie Büroartikel oder Brillenputztücher – kleine Artikel mit großer Reichweite und Wirkung. Für die Wissensvermittlung mit Unterhaltungsfaktor haben wir außerdem ein Spielkartenset mit Sprüchen und Gegenargumenten produziert. So geben wir Unternehmen die passenden Werkzeuge an die Hand, z.B. als begleitende Maßnahme zu Workshops.“

Über die sieben Facetten von Diversity – Alter, ethnische Herkunft und Nationalität, Geschlecht und geschlechtliche Identität, körperliche und geistige Fähigkeiten, Religion und Weltanschauung, sexuelle Orientierung und soziale Herkunft – klärt auch der Diversity-Cube von Otto auf. Den Würfel hatte das Unternehmen – selbst Unterzeichner der Charta der Vielfalt – im Jahr 2020 mit der Agentur The New Radiance konzipiert. „Zuvor gab es jährlich zum Diversity-Tag das Diversity Fact Book als PDF, in dem wir passende Kennzahlen abgebildet haben, doch das war uns auf Dauer zu unpersönlich. Der Würfel bringt frischen Wind in die Kommunikation und lädt zur tiefergehenden Auseinandersetzung mit den Facetten ein“, merkt Svenja Gerads an, D&I Projektmanagerin bei Otto.

Um die sieben Themen auf sechs Würfelseiten abzubilden, wurden ethnische und soziale Herkunft zusammengelegt und jede Seite mit einer provokanten Aussage wie „Behindertes Teil“, „Fremdes Ding“ oder „Schwule Kiste“ versehen. „Damit wollten wir bewusst anecken, damit der Würfel in die Hand genommen wird, um nachzuschauen, was sich dahinter verbirgt. Klappt man die einzelnen Seiten auf, finden sich Kennzahlen und Zitate unserer Mitarbeitenden“, so Gerads. Clou des Cubes: Augmented Reality ermöglicht die Verknüpfung mit digitalen Inhalten wie hinterlegten Videos über eine App. Die Inhalte lassen sich über die Landing Page zudem stetig aktualisieren – „unser Glück, da wir den Würfel eigentlich schon 2020 auf unserem Otto-Campus am Hauptsitz in Hamburg an Mitarbeitende verteilen wollten, doch dann kam die Homeoffice-Pflicht. Diversity ist eine persönliche, emotionale Thematik, die wir gern face-to-face vermitteln würden.“

Bunt, bunt, bunt

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Mit dem von Faber-Castell für die Deutsche Post DHL Group produzierten Buntstiftset Children of the World lassen sich alle Hautfarben abbilden.

Farblich orientiert sich der Otto Diversity-Cube am Regenbogen – seit der Pride Flag des Künstlers Gilbert Baker Symbol für Vielfalt im Allgemeinen und für die LGBTQIA+-Community im engeren Sinne. Regenbogenfarbene Kommunikation mit Symbolcharakter ist bei vielen Unternehmen seit Jahren Bestandteil der Firmenpolitik, so auch bei der Rewe Group. Initiiert durch das interne LGBTQIA+-Netzwerk di.to. (für „different.together.“), das aus einem Stammtisch zum Christopher Street Day 2013 entstand, positioniert sich die Rewe Group u.a. seit 2016 mit Regenbogenaufklebern offen für Vielfalt in der Gesellschaft. Die Aufkleber sind aufmerksamkeitsstark an den Eingangstüren der Märkte angebracht. „Uns ist es wichtig, Haltung zu zeigen und ein Statement zu setzen – ein klares Signal am Eingang der Märkte, dass jede:r willkommen ist. Wir stehen für eine bunte, vielfältige Gesellschaft“, so Anna Pavlitschek, Projektleiterin Beschaffungslogistik der Rewe Group und Sprecherin von di.to. „Mit Unterstützung unseres Paten und Vorstandsvorsitzenden der Rewe Group, Lionel Souque, konnten wir die Aufkleber als sichtbares Zeichen für Toleranz, Offenheit und Respekt an unseren Rewe-, Penny- und toom-Märkten sowie an den DER-Tour Reisebüros etablieren.“ Zum IDAHOBIT 2019 (International Day Against Homophobia, Biphobia, Interphobia and Transphobia) kamen Regenbogenflaggen und Beachflags dazu, die in vielen Märkten auch über die Pride-Season hinaus dauerhaft gehisst werden und schon von weitem auf die Haltung der Rewe Group hinweisen.

Einen bunten Auftritt legt wiederum auch die Deutsche Post DHL Group hin – u.a. mit Regenbogenflaggen und einer regenbogenfarbenen Beleuchtung des Post Towers in Bonn zum IDAHOBIT. Etwas mobiler geht es mit den Regenbogenfarben bei der Deutschen Bahn zu: Anlässlich des zehnjährigen Bestehens des internen LGBTQIA+-Netzwerks railbow im Jahr 2021 brachte der Konzern den railbow ICE #Einziganders auf die Schiene – einen mit auffälligem Regenbogenstreifen folierten Schnellzug, dessen Jungfernfahrt, passend zur Pride Week, zum CSD nach München führte. Seither fährt der ICE quer durch Deutschland und sorgt laut Küspert für jede Menge positives Feedback: „Es gibt sogar eine Fan-Website, auf der man nachverfolgen kann, wo sich der Regenbogen-ICE gerade befindet. Mit dem Zug setzen wir ein klares Zeichen für eine offene Gesellschaft und unterstreichen unsere Unterstützung für die LGBTQIA+-Bewegung. Darüber hinaus ist ein Regiobus im Regenbogendesign unterwegs und kann im Miniaturformat im Bahnshop erworben werden.“

Laut der YouGov-Studie Diversität im Marketing stehen in Deutschland die Aspekte sexuelle Orientierung (48%) und Geschlechtsidentität (47%) am häufigsten für Diversität. Deutlich seltener würden z.B. körperliche und geistige Fähigkeiten als Aspekt betrachtet. Viele Unternehmen sind allerdings in ihren Absichtserklärungen einen Schritt weiter und sehen Diversity und Inklusion als ganzheitliche Konzepte. So ist di.to nur eines der Mitarbeitenden-Netzwerke, das bei der Rewe Group unter dem Board der Vielfalt zusammengefasst wird. Und auch Küspert betont, dass das Diversity-Verständnis der Deutschen Bahn alle sieben Dimensionen miteinbezieht.

Pink stinks!

Damit es in puncto Vielfalt stets inklusiv und authentisch zugeht, sollten Unternehmen in ihrer Kommunikation nach innen und außen mit ehrlichen Absichten und Fingerspitzengefühl agieren. „Die Glaubwürdigkeit ist entscheidend – das heißt, den Regenbogen nicht auszunutzen, um Pinkwashing zu betreiben, also Marketing, ohne sich tatsächlich für Diversität im Unternehmen und der Gesellschaft einzusetzen. Dazu gab es Feedback aus der LGBTQIA+- Community, die kein Firmenlogo auf dem Regenbogen wollte, weshalb wir unsere Aufkleber und Flaggen bewusst nicht gebrandet haben“, konstatiert Pavlitschek. Um Farben Taten folgen zu lassen, sponsert die Rewe Group auch diverse LGBTQIA+-Veranstaltungen wie z.B. den Kölner Come-Together-Cup – das Fußballfest der Vielfalt, sammelt mit dem Verkauf von Solidaritätsbären Geld für die Aidshilfe oder unterstützt Organisationen wie den queeren Jugendtreff anyway.

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Bietet dank begleitender App und Augmented Reality auch jenseits seiner sechs Seiten vielfältige Informationen zu den Diversity-Bestrebungen des Unternehmens: der Diversity-Cube von Otto.

Anti-Rassismus-Coach Ellen Wagner betont, wie entscheidend es ist, die Reise zu mehr D,E&I (Diversity, Equity and Inclusion) im Unternehmen authentisch und transparent anzutreten: „Pinkwashing in Form von Regenbogen-Merchandise ohne Reflektion oder Aufklärung zu den Themen geht gar nicht. Leider habe ich den Eindruck, dass ein großer Teil der Unternehmen in Deutschland den Bedarf noch gar nicht sieht. Diversity und Inklusion sind oft Buzzwörter, deren Bedeutung häufig unklar ist. Nur wenige Organisationen gehen den Weg nachhaltig und wirksam an, hier gibt es einen großen Nachholbedarf.“ Zu diesem Schluss kommt auch der German Diversity Monitor 2021 der D,E&I-Wirtschaftsinitiative Beyond Gender Agenda, die vom „Deutschen Diversitäts-Dilemma“ spricht. Diversität sei in deutschen Unternehmen mehr Lippenbekenntnis als Realität: Vorstände im DAX blieben männlich, trotz gesetzlicher Mindestanforderungen. Es gebe zudem eine große Lücke zwischen kommunizierter Ambition und tatsächlicher Umsetzung von LGBTQIA+-Maßnahmen, Disability bilde das traurige Schlusslicht. Menschen mit Behinderungen stünden nicht im Fokus des Diversitätsengagements deutscher Unternehmen. Doch Graml verweist auf einen spürbaren Wandel in der Unternehmenskultur: „2018 waren es noch 3.000 Unterzeichnende der Charta der Vielfalt, heute sind es über 4.500, Tendenz steigend. Unternehmen betreiben immer mehr Öffentlichkeitsarbeit und holen Arbeitnehmer:innen intern ab.“

Nachholbedarf sieht Onaran ebenfalls und ergänzt, dass sich Unternehmen zunächst intern in den Führungsetagen ändern müssen, um auch in der externen Kommunikation authentisch divers aufzutreten. „Doch Produkte wie die neuen Barbies machen Leuten Mut und liefern Inspiration. Die Role Models sind Unikate, aber ich habe schon so viele Anfragen erhalten, ob man sie kaufen kann – die Barbies wecken Kindheitserinnerungen und emotionalisieren total. Der neu gestaltete Klassiker zeigt, es kann und muss sich etwas ändern – und weist in schwierigen Zeiten die Richtung zu mehr Vielfalt.“

// Claudia Pfeifer

Bildquelle: Deutsche Bahn/Volker Emersleben; Faber-Castell; 2021 The LEGO Group; Mattel, Inc.; Andrea Heinsohn; Otto; Rewe Group/Timo + Voss

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